Designwissenschaftliches Kolloquium – Raum für Experimente: Beispielsweise Design und Anthroplogie
Die Designwissenschaften an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle laden am 13. und 14. Januar 2023 zum gemeinsamen Nachdenken und Diskutieren über Design und Anthropologie nach Halle (Saale) ein.
Bildmotiv des Designwissenschaftlichen Kolloquiums am 13. und 14. Januar 2023 an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Foto: Luis Emilio Braun
Die Designwissenschaften an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle beschäftigen sich mit dem Gestalten und dem Gebrauch von Artefakten im Allgemeinen wie im Konkreten. Doch mit Fragen des Produzierens und Konsumierens beschäftigen sich auch viele andere Wissenschaften wie die Anthropologie. Mit dem Design verbindet sie unter anderem die Untersuchung der menschlichen Fähigkeit, abstrakte Ideen in gestaltete Materialitäten zu übersetzen. In dem Kolloquium geht es um das Nachdenken über diese Disziplin, um Design und die produktiven Wechselwirkungen der Verbindung von Design und Anthropologie: inhaltlich, methodisch, vermittelnd.
Eine vermutete Nähe ergibt sich durch den Fokus auf Alltagskulturen, auf die materiell-semiotische sowie auf die materiell-sensorische Dimension der gestalteten Umwelt. Beide Disziplinen interessieren sich nicht nur für die kulturelle Bedeutung von Artefakten, sondern auch, wie diese unsere Wahrnehmung vorprägen und das Soziale mitgestalten. Dabei hat eine anthropologisch ausgerichtete Designforschung das Potenzial, den Horizont der Designwissenschaft und -praxis durch einen trans- und außereuropäischen Blick zu öffnen und so den westlich geprägten Designdiskurs um marginalisierte Positionen zu ergänzen.
Methodisch verspricht die Anthropologie eine Erweiterung des Spektrums. Durch teilnehmende Beobachtungen, Befragungen und Interviews lässt sich Wissen über vorhandene Bedürfnisse und Belange systematisch sammeln, wodurch die Kluft zwischen den Lebenswirklichkeiten von Gestaltenden und zukünftigen Nutzenden verkleinert werden könnte. Prototypen, Entwürfe und Konzepte lassen sich mit einem ethnografischen Methodenrepertoire in konkreten Nutzungsszenarien in situ testen. So bleiben sie offen für überraschende Momente der Aneignung: nicht-antizipierte Umnutzungen, individuelle Anpassungen und Praktiken des Reparierens.
Schließlich stellt sich die Frage, inwiefern die Gestaltung von Artefakten selbst eine Form der anthropologischen Forschung sein und sich an der Hervorbringung neuer Methoden und Herangehensweisen beteiligen kann. Hier ist das Potenzial einer Designanthropologie zu diskutieren, über die Dokumentation und Analyse des Bestehenden hinauszugehen und sich mithin interventionistisch in die Bedeutungs- und Wissensproduktion einzumischen, um vielleicht ein Stück weit in die Zukunft zu blicken und Alternativen zum Status Quo aufzuzeigen.
Die Schnittstelle von Design und Anthropologie ist im deutschsprachigen Raum noch wenig bearbeitet, die Zugänge sind interdisziplinär und die wissenschaftlichen Methoden und Medien vielfältig. Das Kolloquium ist entsprechend offen gehalten. Sowohl Designschaffende als auch Wissenschaftler*innen mit unterschiedlichen disziplinären Hintergründen von der BURG und anderen Hochschulen sind für einen wechselseitigen Austausch vertreten.
Das Kolloquium ist eine Gemeinschaftsproduktion der Designwissenschaften an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle.
Programm
Freitag, 13. Januar:
Schnittstellen – Design und Anthropologie
10 Uhr: Begrüßung durch Prof. Dr. Veronica Biermann und Prof. Dr. Pablo Abend
10.30 Uhr: Tim Seitz (Goethe Universität Frankfurt): Prozess und Produkt im Design. Ein methodologisches Angebot
11.15 Uhr: Isabella Kölz (Julius-Maximilians-Universität Würzburg): Design Anthropology in practice: Experimentell kollaborative Feldforschung mit Informationsgestalter*innen – Ein ethnographischer Werkstattbericht
12 Uhr: Imad Gebrayel: Multimodal Exits, Ambivalent Encounters: Design(ers) and Anthropology
Diskussion und Mittagspause
14.30 Uhr: Prof. Bettina Göttke-Krogmann (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle): Feldstudien. Ethnografie als Entwurfsmethode im Textildesign: ein Bericht aus der Praxis
15.15 Uhr: Vertr.-Prof. Alexander Schwinghammer (Bauhaus Universität Weimar): Urban Foodscape Visions: Potenziale einer empirischen Kulturwissenschaft für eine Designanthropologie
Diskussion und Kaffeepause
16.30 Uhr: Felix Schiedlowski (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg): Die Suche nach der post-fossilen Gesellschaft: Strukturwandel im Mitteldeutschen Braunkohlerevier
Ausstellung: Neuwerk – Magazin für Designwissenschaften #9: Show Hidden Objects, Zoe Sophie Alison Haufler: Ein Spielplatz aus Stahl und Franziska Meister: Symptome einer Landschaft
18 Uhr: Gemeinsames Abendessen / Ausklang im Studierendencafé Konsum
Samstag, 14. Januar:
Ethnographische Methoden und ihre Medien
9 Uhr: Begrüßung durch Prof. Dr. Pablo Abend
9.15 Uhr: Anja Dreschke (Robert Schumann Hochschule Düsseldorf): Eine Form finden – Rituelle Praktiken und ethnographische Annäherungen über Film
10 Uhr: Christine Moderbacher (Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung Halle): Über das Scheitern von künstlerischer Forschung mit der Kamera in der anthropologischen Praxis
10.45 Uhr: Dr. Karina Kirsten (Universität Siegen): Die GoPro im Outdoor-Sport
Gemeinsame Diskussion mit Kaffee
12 Uhr: Marta Fernández Guardado und Dr. Lidia Gasperoni (Technische Universität Berlin): Ethnographisch entwerfen. Reflexionen aus der Theorie und der Praxis
Designwissenschaftliches Kolloquium – Raum für Experimente: Beispielsweise Design und Anthropologie
Veranstaltungszeiten: Freitag, 10 bis 16.30 Uhr, Samstag, 9 bis 12 Uhr
Ort: Campus Design, Villa-Anbau, Dachsaal, Neuwerk 7, 06108 Halle
Eintritt: Die Teilnahme ist öffentlich und kostenfrei, eine Anmeldung nicht erforderlich.
Weitere Informationen: https://www.burg-halle.de/design/wissenschaften/designwissenschaften/aktuelles/a/raum-fuer-experimente-beispielsweise-design-und-anthropologie