Ausgehend von künstlerischen Positionen sowie von naturwissenschaftlichen Zeichnungen, Fotografien und digitalen Visualisierungen des 20. und 21. Jahrhunderts werden im Workshop interdisziplinär Visualisierungen von physischen und imaginären Vogel-Räumen untersucht. Bewegungen und Aufenthaltsorte werden sowohl von naturwissenschaftlichen Forscher*innen als auch von Künstler*innen erfasst und medial repräsentiert. Spurenlesen und Zeichentheorie sind methodische Ansätze zur Analyse dieser Raummodelle.
Verfahren zur Kartierung werden mithilfe von Beringung in den Vogelwarten um 1900 eingeführt. Die „Vogellandschaft“ (1925) Paul Klees zeichnet Bewegungslinien nach. Jules-Etienne Mareys Chronofotografie „Flugbahn der Flügelspitze einer Krähe“ ergibt eine filmische Linie der Körperbewegung (1880er). Die Linie, als Verweis auf den Flug auf der Karte, löst sich in jüngster Zeit auf in komplexen Trackingverfahren.
Der Gesang von Vögeln wird bereits seit 1868 als Mittel erkannt, um Territorien zu markieren und damit verhaltensabhängige, relationale Räume zu erzeugen. Mit diesen Phänomenen des physischen Raumes, in dem über Stimmen Abstände erzeugt werden, experimentiert John Cage in Kompositionen wie „Bird Cage“ (1972). Die Frage nach veränderten Raumvorstellungen durch das Verhältnis von Klang, Körper und Raum und deren Übersetzung ist dabei zentral.
Diskussions- und Arbeitsgrundlage bilden am ersten Tag des Workshops Materialien aus dem einführenden historischen Überblick. Eigene Projekte und Fundstücke können vorgestellt und eingebracht werden.
Am zweiten Tag werden wir bei einer Exkursion in den Leipziger Zoo verschiedene Vogelindividuen und -arten sowie ihre Gehege und Szenografie beobachtet, fachlich begleitet durch Johannes Pfleiderer (Senior Curator, Zoo Leipzig). Verhältnisse zwischen lebenden Tieren und Publikum sowie die verschiedenen Ebenen der Repräsentation (z. B. als Attraktion, Artenschutzvertreterinnen) werden analysiert.
(Änderungen aufgrund von Vogelgrippe möglich)
Zoologische Quellentexte werden digital für die Angemeldeten zur Verfügung gestellt:
Einführende Literatur:
Vinciane Desprèt: Wie der Vogel wohnt. Berlin 2022.
Vilém Flusser: Vogelflüge. Essays zu Kultur und Natur. München 2000.
Tim Ingold: Eine kurze Geschichte der Linien. Konstanz 2021.
Sybille Krämer: Was also ist eine Spur? Und worin besteht ihre epistemologische Rolle? Eine Bestandsaufnahme. In: Dies., Werner Kogge, Gernot Grube: Spur. Spurenlesen als Orientierungstechnik und Wissenskunst. Frankfurt a. M. 2007, S. 11–33.
Master: Modul 3 oder Modul 7
Geeignet ebenso für Kunst (Diplom) und Kunst (Lehramt)