*Martin Kippenberger, 1988
Die Malerei behauptet sich auch in diesem Jahrhundert, inmitten einer realen Welt, die täglich unüberschaubarer wird. Kein anderes Medium der Kunst ist so alt. Kein anderes Medium ist in seinen Möglichkeiten so vollständig frei. Perspektive, Farbe und Fläche, Abstraktion und Gegenständlichkeit: viele Gestaltungsmöglichkeiten entwickelten sich über Jahrhunderte in der Malerei. Maler*innen haben versucht, ihre Maltechnik immer weiter zu perfektionieren, alle Dinge und Erscheinungen der Wirklichkeit immer besser anzupassen, um schließlich in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine technische Perfektion zu erreichen, die sich kaum noch steigern ließ. Mit Erfindung der Fotografie veränderte sich die Malerei fundamental und die Darstellung der Wirklichkeit wurde für viele Jahrzehnte immer mehr vernachlässigt. Die Aufmerksamkeit galt nun, mehr als je zuvor, der Wirkung der Farben und Formen. Tatsächlich hat die Fotografie die Malerei allerdings nicht nur verdrängt, sondern auch fundamental verändert, hat sie zur Selbstbehauptung und ständigen Erneuerung provoziert.
Die Malerei der Gegenwart hat schließlich ihre Bestimmung nicht zuletzt darin gefunden, die existente Brüchigkeit zwischen Imago und Wirklichkeit für die Betrachtenden zu visualisieren. Künstler*innen halten bis heute an der Kunstgattung Malerei fest, weil sie am weitesten entfernt ist von der alltäglichen, durchschnittlichen Vorstellung von Realität. Kein anderes Medium entsteht so entfernt von der realen Welt und ist in seinen Möglichkeiten so vollständig frei wie die Malerei. Somit bleibt es im 21. Jahrhundert ein faszinierender Versuch, die Wahrheit mit einem anderen Kommunikationsmittel als der gesprochenen oder geschriebenen Sprache auszudrücken.
Literatur und Vorbereitungsempfehlung
Julius Meier-Graefe: Das Fest der Farben. Über Malerei von Delacroix bis van Gogh (Quelltexte). Berlin 1988.
Christian Tümpel, (Hg.): Im Lichte Rembrandts. Das Alte Testament im Goldenen Zeitalter der niederländischen Kunst. München 1994.
Peter Engelmann (Hg.): Jacques Derrida, Die Wahrheit in der Malerei. Wien 1992.
Annegret Laabs / Uwe Gellner (Hg.): Heute: Malerei.( Gerhard Richter, Jonathan Lasker, Peter Halley, Adrian Schiess, Neo Rauch, Daniel Richter, Fabian Marcaccio, Alica Paz, Sarah McGinity, Rashid Johnson u. a.). Magdeburg 2012.
Name der Lehrenden / Name of Teacher
Dr. Annegret Laabs
Veranstaltungsart und -methodik / Teaching and working methods
Seminar
Lernziel, Qualifikationsziele / Objectives, Learning Outcome
- Einführung in kunstwissenschaftliche Gattungen und Epochen
- Verständnis für disziplinäre Theorien und Methoden
- Erweiterung des eigenen methodischen Spektrums
Verwendbarkeit / Applicability
Kunstgeschichte (Diplom Kunst); Kunstgeschichte I oder II (Lehramt); MA Kunstwissenschaften: Modul 2 (Theorien und Diskurse).
Beurteilung / Assessment
Teilnahme (T), Hausarbeit (H), Studierende Kunst (Lehramt): Teilmodulleistung (unbenotete Präsentation) oder/und Modulprüfung Kunstgeschichte I (Präsentation und benotete schriftliche Hausarbeit); mündliche Prüfung für Lehramt, Kunstgeschichte II
Zugangsvoraussetzung / Prerequisites
keine
Umfang in SWS / Semester periods per week
2 SWS