Rückblick: Werkschau Mode 2024

Die Studienrichtung Mode zeigte am Freitag, 12. Juli 2024, im Volkspark Halle Semester- und Abschlusskollektionen.

Werkschau der Mode 2024. Foto: Michel Klehm

Zur Eröffnung der Jahresausstellung 2024 der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle am Freitag, 12. Juli, erlebten über 750 Besucher*innen und eine geladene Jury von Recruiter*innen der Firmen Louis Vuitton, Bottega Veneta und Eyes on Talent die Präsentation der Kollektionen und künstlerisch-gestalterischen Positionen der Studierenden im voll besetzten Großen Saal des Volksparks Halle. Außerdem wurde die Werkschau im Garten des Volksparks Halle für Interessierte kostenfrei live übertragen.

Die Werkschau Mode 2024 war von einer stärkeren Konzentration auf Choreografie, Licht und Musik geprägt. Neben den Abschlüssen und Grundlagenprojekten fokussierte sich die Schau auf zwei semesterübergreifende gestalterische Projekte, in denen sich Studierende einerseits mit zeitgenössischen materiellen und visuellen Kulturen beschäftigten und andererseits das interdisziplinäre und kollaborative Arbeiten vertieften.

Unter der Leitung von Prof. Evelyn Sitter und Prof. Lars Paschke, den künstlerischen Mitarbeiter*innen Dominik Cosentino, Katharina Eichner und Gesine Försterling sowie den Werkstattleiterinnen Isabel Fiedler und Heike Becker fand in allen Studienjahren eine verstärkte Auseinandersetzung mit Archiven statt. Entweder dienten bestehende Archive als Grundlage für die gestalterische Auseinandersetzung oder Studierende erstellten eigene Archive aus ihrer Recherche und den daraus resultierenden Experimenten. Ein Archiv stellt die Selektion wichtiger, erhaltenswerter Inhalte dar und markiert dadurch auch das kulturelle Selbstverständnis.
Aus dieser inhaltlichen, visuellen und materiellen Beschäftigung entstanden vielseitige gestalterische Beiträge mit individueller inhaltlicher Setzung und einem Fokus auf Materialgestaltung, Identität und Körper. In der Auseinandersetzung mit historischen Archiven ergab sich zudem eine verstärkte Zuwendung zu dem zyklischen Zeitbegriff in der Mode und einem transhistorischen Verständnis des Modedesigns.

 

Einblicke in die Designprojekte

2. Studienjahr
In den Grundlagenprojekten des 2. Studienjahrs erarbeiten Studierende über die Auseinandersetzung mit der Material- und Kulturgeschichte der Bekleidung individuelle Entwürfe und tragen durch die Erstellung von Repliken historischer Kleidungsstücke und experimenteller textiler Siebdruckentwürfe zum Aufbau eines studiengangseigenen Archivs bei.

Bodybuilding, 2. Studienjahr, Wintersemester 2023/24
Prof. Lars Paschke, Gesine Försterling, Isabel Fiedler

Die Grundlage für die Entwürfe in diesem Projekt bildeten die Replikate historischer femininer Unterbekleidung, die den sogenannten Modekörper, der sich vom anatomischen Körper unterscheidet, formen, beispielsweise durch Krinolinen, Corsagen und Tournüren. In Kombination mit dem klassischen dreiteiligen Herrenanzug erarbeiteten die Studierenden Hybridisierungen, die mit einem Materialsponsoring der italienischen Textilmanufaktur Guabello umgesetzt wurden. Durch die Kollision der traditionellen westlichen Damen- und Herrenbekleidung entstand somit neben den formellen Experimenten eine Dekonstruktion tradierter westlicher Genderstereotype.

re:re:wind and re:re:play, 2. Studienjahr, Sommersemester 2024
Prof. Evelyn Sitter, Dominik Cosentino, Isabel Fiedler

In diesem Projekt ergaben sich durch die Recherche nach der Herkunft eines ikonischen textilen Musters – Tartan, Toile de Jouy, Paisley, Camouflage, Blaudruck, African Waxprint oder Hahnentritt – verschiedene Themen zu ökonomischen und politischen Umständen, kulturellen und globalen Verflechtungen, aber auch zu kultureller Akzeptanz und Semiotik in der Mode sowie zu individuellen künstlerischen Positionen oder Kunstströmungen und prägenden Erfindungen und Techniken. Anhand historischer Kontextualisierung wurde die eigene gestalterische Arbeit in Bezug zu Bekleidungskulturen gesetzt und persönliche Anliegen in einen individuellen Beitrag zu aktuellen Modediskursen überführt. Die Beobachtungen und Erkenntnisse wurden von den Studierenden genutzt, um ein Konzept für ein komplexes Outfit zu entwickeln.
In der finalen Umsetzung wurde der Fokus auf einen ökologisch nachhaltigen Farbstoffdruck gelegt. Dabei sind bedruckte Hemden entstanden, die auf der Werkschau zu erwerben sein werden.

Time Capsules, Wintersemester 2023/24, Sommersemester 2024
Prof. Lars Paschke mit Dominik Cosentino, Stephanie Penkov, Gesine Försterling, Heike Becker

Eine Zeitkapsel ist ein materielles Zeugnis, das für die Kommunikation zeittypischer Objekte, Bilder und Texte für zukünftige Generationen erstellt wird. Time Capsules ist ein Projekt, das zeitgenössische visuelle und materielle Kulturen in den Fokus setzt und individuelle Perspektiven auf unsere heutige Zeit thematisiert. Auf Grundlage von individuellen Archiven und daraus resultierenden experimentellen Studien in der Schnitt- und Materialgestaltung (Fokus Wintersemester 2023/24) entstanden expressive, komplexe Kollektionen von vier Outfits, deren Schwerpunkt auf dem Styling und der Charakterentwicklung lag (Fokus Sommersemester 2024).

Untitled / craft_y:chaos*commerce, Wintersemester 2023/24, Sommersemester 2024
Prof. Evelyn Sitter mit Prof. Bettina Göttke-Krogmann, Katharina Eichner, Kristin Nebauer, Gesine Försterling, Michiel Keuper

In den Projekten Untitled und craft_y:chaos*commerce widmeten sich Lehrende und Studierende dem kollaborativem Arbeiten zwischen Textildesign und Modedesign. Weltweit bedingen und befruchten sich die beiden Disziplinen, meist wurden sie mit gemeinsamen Erkenntnissen in Material, Technologie und Schnittkonstruktion entwickelt. Mit dem Aufkommen von Saisons und immer schneller wechselnden Moden im 18. Jahrhundert in Frankreich entstand ein Wettrennen von stetig wechselnden Motiven und Stoffentwürfen und einem Auseinanderdriften der beiden Disziplinen im globalen Norden. Für das gemeinsame Kennenlernen, Erforschen, Eingreifen und Hacking von textilen Systemen gab es für Studierende nun Zeit und einen gemeinsamen Studienort für uneingeschränkte Kollaborationen und langfristige Perspektiven. Nach einem Semester voller Workshops und dem Erarbeiten eines textilen Archives der Möglichkeiten folgte ein Semester für die Umsetzung von Kleidungsstücken, die den Transfer von chaotischen Materialproben zu kommerziellen Produkten durchlaufen. 
Studierende entwickelten eine Serie von vier bis fünf Kleidungsstücken oder eine eigene Kollektion von drei Outfits, die sich mit den Handwerkstechniken aus der Kollaboration zwischen Textil- und Modedesign auseinandersetzen. Außerdem ein kommerzielles Einzelstück, das für ein bestimmtes Preissegment gestaltet ist und im Werkschau 24 Shop zu erwerben ist.

Absolvent*innen
Die Bachelor- und Masterstudierenden setzten sich mit vielseitigen Themen auseinander, die ein breites Spektrum verschiedenster Sichtweisen aufzeigen.

Bachelorabschluss, BA

Marie-Luise Rief – WORK-ALIFE-BALANCE
Die Herrenkollektion zeigt Hybride, die die Grenzen zwischen Arbeit, Zuhause und Urlaub einreißen. Elemente aus Tailoring und Büro ziehen ins Zuhause ein und begeben sich auf Urlaubsreisen und Erholungspausen.

Josephine Kraus – Curator at Work
Die Kollektion ist inspiriert von Kinderzeichnungen und thematisiert die Vereinbarkeit von Familie, Kindererziehung und Beruf sowie die Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Loris Stephan – I´ll pass, thank you
Loris Stephans Kollektion zielt darauf ab, die Konstruiertheit und Ambivalenz geschlechtsspezifischer Bekleidung zu offenbaren. Durch subtile Eingriffe in bekannte Silhouetten und Bekleidungsstereotypen wird die geschlechtsspezifische Lesbarkeit herausgefordert und die Attraktivität der hybriden Undeutlichkeit unterstrichen.

Wiebke Lendewig – I've found something to pour into the cracks of my brittle heart
Die Abschlussarbeit handelt von der Lust, sich in der Natur befinden zu wollen und übersetzt die Eindrücke von Naturerfahrungen, die zum Beispiel beim Wandern aufgenommen werden.

Frieda-Marie Knödler –  a matter of light
Die Abschlusskollektion von Frieda-Maria Knödler ist eine cineastische Auseinandersetzung mit dem Genre des Gangsterfilms der 1930er Jahre. Ikonische Stimmungen und Szenarien bilden durch Licht und Schatten, Transparenz und Überlagerung eigene atmosphärische Narrative, die sich in einzelne Outfits übersetzen.


Masterabschluss, MA

Illya Gros – The right Trail.
Mit dem philosophischen und politischen Freiheitsbegriff sowie dem erlebbaren Freiheitsgefühl beschäftigt sich diese Kollektion. Im Mittelpunkt stehen dabei die Schutzästhetik der Küchenschürze und ein klischeehaftes Bild eines ausgerüsteten Wanderers.

Helena Wieser – Pulli 3000
Bei der Kollektion handelt es sich um die Auseinandersetzung mit iokonischen Pullovern und ihren Einsatzfeldern, die mit variationsreichen stricktechnischen Möglichkeiten entwickelt und umgesetzt wurden. Die gewählten Modelle sind zeitlose Klassiker, die mittlerweile in die Alltagsmode übernommen wurden.