Vom 7. Dezember 2024 bis 25. Januar 2025 stellen Burg-Studierende und Alumni Arbeiten aus, in denen sie sich mit der Geschichte Wannsees auseinandersetzen.

ANIMA ist ein archetypischer Begriff und steht für „Seele“ oder auch „Atem“. Das Hebräische מָה אֲנִי – ma ani – meint „Was bin ich?“ Ani ma und ma ani eröffnen einen Möglichkeitsraum für menschliche Imagination und Emotionalität. Sie stehen für etwas Fragendes, Schwebendes, das sich kurzzeitig sichtbar niederschlägt, das sich in einem Zwischen- oder Übergangsraum befindet, das in Bewegung ist. 

Das Ausstellungsprojekt ist aus einem Forschungsseminar mit dem Titel „Wannsee: Laboratory for the Future“ hervorgegangen, für das Studierende und Alumnae der Kunst und der Wissenschaften der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle mit der Galerie Wannsee Contemporary kooperierten. In dem Zusammenhang wurde der Ort befragt: „Wannsee, was bist Du?“ 

Auf verschlungenen, interdisziplinären Wegen haben wir uns diesem historisch besonders interessanten Stadtteil von Berlin genähert. Wannsee zeigt sich als ein Ort der radikalen Widersprüche. Durchsetzt von Waldgärten und Reformideen, umgeben von Parks und Schlössern der Aristokratie, hat Wannsee seit Mitte des 19. Jahrhunderts sowohl wohlhabende Industrielle als auch Künstler*innen angezogen. Wannsee war und ist ein beliebtes Ausflugs- und Wassersportziel, jedoch sind nicht alle Uferstreifen frei zugänglich. Zwischen den Villen hinter hohen Mauern, den Ruderclubs oder dem Wannseebad prallen soziale Gruppierungen und Weltanschauungen aufeinander. Und zugleich ist der Name des Stadtteils mit der Wannsee-Konferenz von 1942 verknüpft, auf der der Holocaust von den Funktionären des NS-Regimes geplant wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Wannsee dann aufgrund seiner strategischen Lage zwischen Berlin und Potsdam zur Grenzzone zwischen Westberlin und der DDR. 

Vor diesem Hintergrund untersuchten wir die politische, soziale und ökologische Landschaft von Wannsee, seine Vergangenheit, Gegenwart und das Potential für die Zukunft. Methodische Grundlagen der Auseinandersetzung dafür lieferten das kritische Kartographieren und das Prinzip Montage. Entstanden ist eine spekulative, thesenhafte Ausstellung, mit der wir dazu animieren möchten, Wannsee als Laboratorium und Möglichkeitsraum zu begreifen.

Themen der künstlerischen Auseinandersetzung sind: Die jüdische Geschichte des Bezirks Wannsee nicht nur als eine der Opfer zu begreifen, sondern auch als eine des Widerstands. Filmschaffenden nachzugehen, die auch in der Nachkriegszeit, nicht nur in den 1920ern und während des Nationalsozialismus, vor Ort präsent waren. Die für Wannsee so wichtige Tanz- und Lebensreformbewegung zum Anlass zu nehmen, der Beziehung von individuellen Körpern und „Volkskörper“ nachzuspüren. Mit Bewegungsstudien den Zusammenhang von tänzerischen Gesten und Fingeralphabet zu untersuchen. Aus Archivmaterial und dem aktuellen Sound von Wannsee eine Assemblage zu generieren. Die fingierten und realen Ruinen als Metaphern für Utopie und Dystopie zu lesen. Die Baustelle als Symbol für einen erforderlichen Aufbruch zu begreifen. Eine kleine Pflanze als Indikator für Displacement und als Zeugin ernst zu nehmen. Und schließlich den Blick vom See aus auf das Ufer und dessen Zugänglichkeit zu werfen. 

Kuratiert wird die Ausstellung von Nike Bätzner und Avi Feldmann

 

Ausstellende

Tobias Daum, Julia Frank, Sarah Goerke, Merle Häußler, Elisabeth Hildebrandt, Louisa Kollhoff, Elise Möller, Paula Repp Alvarez, Jakob Schreiter, Kathrin Schuster, Josefine Wendlinger, Miriam Zimmermann.

 

Begleitprogramm

Während der gesamten Laufzeit der Ausstellung

“Wannsee: How does it feel? 

Wie erleben Sie Wannsee? 

Wie fühlt sich Wannsee an?“

Eine Mitmachstation, die zum kreativen Schreiben einlädt und aus der eine Textsammlung zum Mitnehmen entsteht, initiiert von Elise Möller.

 

Donnerstag, 19. Dezember 2024, 17:00 Uhr

Offene Türen für ein Gespräch mit der Nachbarschaft

im Rahmen des Lebendigen Adventskalenders im Dorf Stolpe.

 

Samstag, 18. Januar 2025, 15:00 Uhr

(Un)Zugänglichkeiten im Spiegel der Zeit

Louisa Kollhoff im Gespräch mit Verena Voigt (GFZK e.V.) und Ruppe Koselleck (Universität Potsdam) über künstlerische Forschung zu Konfliktlandschaften. Ausgehend von einem Forschungs- und Ausstellungsprojekt zum Uferwegstreit am Griebnitzsee rücken aktuelle Auseinandersetzungen um Zugänglichkeit ebenso in den Fokus wie die historische Bedeutung Wannsees als einstigem Grenzgebiet.

 

Samstag, 25. Januar 2024, 12 bis 14 Uhr

Finissage

und Präsentation der Ergebnisse der Mitmachstation und eines Schreibworkshops mit Elise Möller.