Initiatorinnen: Prof. Michaela Schweiger und Olga Vostretsova
Exkursion zur Manifesta 12 nach Palermo vom 28. September - 5. Oktober 2018
Teilnehmende aus den Studiengängen: Malerei, Modedesign, Spiel- und Lerndesign, Industriedesign, Kunstpädagogik, Zeitbasierte Künste
Am Freitag, den 28. September 2018 trifft sich die Exkursionsgruppe am Flughafen Berlin Schönefeld und kann trotz Streiks pünktlich nach Palermo starten. Am frühen Abend Ankunft im Hostel. Beim gemeinsamen Abendessen wird ein Schlachtplan für die nächste Woche gemacht: Zunächst soll die Manifesta 12 besucht werden, anschließend soll sich der Schwerpunkt auf die eigene gestalterische und künstlerische Arbeit verlagern.
Am Samstag, dem 29. September macht sich die Gruppe auf den Weg zur Manifesta 12. Die Hauptausstellung der Manifesta 12 findet an über einem Dutzend verschiedener Orte statt, die überall in Palermo und seinen Vororten verstreut liegen. Dies ist dem Anspruch geschuldet, dieses Kulturevent direkt in die Stadt zu tragen, anstatt „wie ein UFO“ zu landen und wieder abzuheben. Titel der Biennale ist Planetary Garden. Cultivating Coexistence. Diesem Motto und einem sehr eigenen kuratorischen Konzept entsprechend gliedert sie sich in drei thematische Untereinheiten: Garden of Flows, Out of Control Room und City on Stage.
Die vielen unterschiedlichen Orte werden nach ihrer Lage zu besucht, was bedeutet thematisch unterschiedliche Teile der Ausstellung zu mischen. An diesem Tag besuchen wir die Ausstellungen in Teatro Garibaldi, Palazzo Forcella De Seta, Palazzo Trinacria, Palazzo Butera und haben damit schon alle drei Themenbereiche der Ausstellung angeschnitten. Beim Abendessen diskutiert die Gruppe über die Ausstellung. Viele sind der Meinung, dass vor allem die Ausstellung im Palazzo Butera, die zur Einheit Garden of Flows gehört, viele spannende Arbeiten bot. Der Ausstellungsort Palazzo Forcella de Seta hingegen wird heiß diskutiert, da die unglaubliche Fülle an teilweise sehr langen Videoarbeiten als erschlagend empfunden wurde.
Am darauffolgenden Tag stehen noch die Ausstellungsorte Palazzo Ajutamicristo, Giardino die Giusti, Chiesa S. Maria dello Spasimo und Orto Botanico auf dem Plan. Damit ist ein großer Teil der Manifesta besucht und bei einer Besprechung am Abend wird beschlossen, am nächsten Tag mit der Arbeit des Workshops zu beginnen und später in der Woche die restliche Ausstellung zu besuchen.
So begibt sich die Gruppe am Montag auf die Suche nach spannenden Orten in Palermo. Sie ist auf der Suche nach Orten im öffentlichen Raum, die nicht nur eine Funktion erfüllen, an denen sich verschiedene Bedeutungen und Nutzungsgruppen überlagern. Erster Stopp ist der Mercato Ballàro, einer der klassischen palermitanischen Straßenmärkte in engen Gassen und eine touristische Attraktion. Die Gruppenteilnehmer*innen schwärmen für anderthalb Stunden aus und beobachten den Ort. Danach geht es weiter zum Parco Zisa. Es handelt sich dabei um einen der wenigen öffentlichen Parks in Palermo. Er liegt vor dem historischen Palazzo Zisa in einem multikulturellen Viertel. Zwar ist Siesta und deswegen nicht besonders viel los, doch auch hier schwärmt die Gruppe für anderthalb Stunden aus, um zu beobachten. Im Anschluss geht es zum Hafen von Palermo. Dort interessiert sich die Gruppe vor allem für den Bereich mit den Passagierterminals und kann das Auslaufen eines Kreuzfahrtschiffs beobachten.
Die Entscheidung fällt auf den Parco Zisa und den Hafen. Für den Markt interessieren sich kaum Teilnehmer*innen, da sie darin nur wenige verschiedene Nutzungen erkennen und auch die räumliche Enge Interventionen sehr schwierig macht. So kann am Dienstag die individuelle Arbeit an den Projekten beginnen und nachmittags werden Details mit Prof. Michaela Schweiger und Olga Vostretsova in Konsulatationen besprochen. Ein Teil der Gruppe besucht außerdem noch die Ausstellungen der Manifesta in Palazzo Constantino, Oratorio della Madonna del Rifugio, Casa del Mutilato und Mulino S. Antonio.
Der Mittwochvormittag gehört wieder der individuellen Arbeit an den Projekten, bevor sich die Gruppe am Nachmittag zusammen findet, um gemeinsam einen Ausflug ins Umland zu machen. Es wird Pizzo Sella - „Hügel der Schande“ -mit einem Guide der Manifesta besichtigt. Es handelt sich dabei um Bauruinen in spektakulärer Hanglage, die von Künstlern umgenutzt und bespielt wurden. 1978 hatte eine Firma im Besitz der Gardini-Ferruzzi-Mafia illegal auf 100 Hektar Land 170 Villen gebaut. 59 wurden bewohnt, die übrigen nie fertiggestellt. 1999 wurde das gesamte Gelände beschlagnahmt, 14 Häuser wurden zerstört, dann stoppte das Abbruchprojekt. 2013 gründete das Künstlerkollektiv Fare Ala das „Pizzo Sella Art Village“ und begann illegal, die Außen- und Innenwände der Hausruinen zu bemalen. Bis heute ist das Gebiet ein Symbol für Geldwäsche, Korruption und Immobilien-Spekulationen, beschlagnahmt, verwaist, ein „Friedhof von Hausskeletten“, wie es einmal in den Medien genannt wurde. Hier siedelte das belgische Architekturbüro Rotor ihren Manifesta-Beitrag an.
Am letzten Tag des Aufenthalts werden die Interventionen im öffentlichen Raum implementiert. Prof. Michaela Schweiger und Olga Vostretsova besichtigten die in der Stadt verteilten Arbeiten. Abends kommt die Gruppe zum Apperitivo zusammen und bespricht die Dokumentationen der Arbeiten. Es wurde in unterschiedlichsten Materialien und Themen gearbeitet. Das Spektrum reicht von Zeichnung über partizipatives Projekt, zu Buch, Foto und Installation. Alle sind sehr angetan von den in so kurzer Zeit realisierten Ergebnissen. Ein Teil der Gruppe macht sich anschließend auf den Weg um den Dokumentarfilm „La corsa de l'ora“ (2016) im Filmprogramm der Manifesta 12 zu sehen. Ein anderer Teil der Gruppe lässt den Abend im Restaurant ausklingen, bevor es dann am nächsten Morgen auch schon früh wieder zurück nach Deutschland geht.
Text: Olga Vostretsova und Torben Jost