Das Projekt Scale Up! dreht sich ein ganzes Semester um den Teppich.
Der Teppich umgibt den Menschen schon seit vielen Jahrhunderten. Es gibt weitreichende kulturelle Wurzeln oder religiöse Bezüge, ein Teppich kann Botschaften transportieren, ein Artefakt sein u.v.m.... Die alltäglichste Perspektive auf den Teppich im westlichen Kulturkreis ist von oben nach unten. Dabei ist der Teppich nicht nur ein schmückendes Raumelement oder banale Trittfläche, sondern behauptet seinen Platz zwischen Alltags- und Kunstobjekt. Durch seine Anwesenheit beeinflusst er den Ort mit seinen Eigenschaften maßgeblich. Auf diese Weise gehen der Teppich und der Ort, an dem er sich befindet, eine funktionale und emotionale Beziehung ein.
Im Projekt sollen verschiedene Perspektiven auf den Teppich eingenommen werden. Eine kulturhistorische Betrachtung des „klassischen“ Teppichs steht deshalb weniger im Fokus. Vielmehr geht es um die Auseinandersetzung mit einer textilen Fläche in größerer Dimension, der Beziehung zwischen Raum und Textil sowie die Perspektive auf den Teppich. Ziel des Projektes ist die Entwicklung großformatiger Textilien, die in der Anwendung auf dem Boden, an der Wand, an der Decke, drinnen, draußen, … gedacht werden können. Hierfür spielt die Positionierung des Teppichs im Raum ebenso eine wichtige Rolle wie die Position des Betrachters – also der mögliche Blickwinkel auf das Textil. In die Entwicklung können Fragen einfließen wie: Soll der Teppich aus allen Richtungen betrachtet werden oder ist er aus funktionalen Gründen an eine konkrete Stelle gebunden? Kann man um ihn herum gehen, ist er plastisch erfahrbar, strukturiert er den Raum, spielt er mit gewohnten Erfahrungen und/oder ungewöhnlichen Proportionen?
Klassische Technologien, wie die Teppichweberei (Pol- und Flachweberei), sowie das Tufting können genutzt werden, aber auch weitere konstruktive Techniken wie Häkeln, Klöppeln, Stricken und völlig neue Interpretationen einfließen. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, mit einer Posamenten Maschine zu arbeiten, mit der Kordeln gestaltet und hergestellt werden können. Durch die Zusammenarbeit mit verschiedenen Institutionen wie dem STFI (Sächsisches Textilforschungsinstitut Chemnitz) und der Teppichweberei Witzschel, thematisiert das Projekt verschiedene Fertigungstechniken: Handfertigung (handgeknüpft), Manufakturelle Fertigung, Serienfertigung.
Ort und Anwendung:
In der Auseinandersetzung mit einem realen Ort, der selbst gefunden wird, entstehen Ideen für Teppich-Entwürfe. Diese können und sollen den Raum in ein anderes Licht tauchen. Sie können beispielsweise durch ihre Eigenschaften die Akustik verbessern, wärmend wirken oder durch ihre Farbigkeit die Raumwirkung maßgeblich verändern. Dabei müssen die Teppichentwürfe nicht zwangsläufig am Boden gedacht werden. Hierfür wird der gefundene Ort oder Raum auf seine Funktion, Atmosphäre und Nutzung untersucht. Der Ort kann sich im privaten und öffentlichen Raum befinden. Es kann z.B. der Frage nachgegangen werden: Wo liegen die Schwierigkeiten des Raumes/ Ortes? Wo im Raum kann der Teppich von Nutzen sein? Am Ende des Projektes soll der finale Teppichentwurf in diesem Raum fotografisch inszeniert werden.
Funktion und Material:
Ein Entwurf soll sich mit der Funktion und dem dafür notwendigen Material auseinandersetzen. Wobei die technische Umsetzung in Abhängigkeit zur technischen Anforderung steht.
Beispiele für mögliche Funktionen: Akustik / Thermik / Erschaffen von neuen Raumstrukturen / smarte oder therapeutische Funktion / Wohlbefinden / Raum-Wahrnehmung / Haptik. Für den Entwurf können bekannte und im Kontext neue Materialien ausprobiert werden.
Atmosphäre und Farbe:
Eine weiterer Entwurf richtet den Fokus auf die atmosphärische Auswirkung des Teppichs. Er kann sie durch den spezifischen Einsatz von Strukturen, Farbigkeit und Materialität verändern, unterstützen oder bestimmen. Farbe und Funktion der Farbe kann dabei einen besonderen Stellenwert einnehmen.
Umsetzung:
Im Prozess sollen zwei Wege beschritten werden: zunächst soll die Funktion über Material und Technologie im Fokus stehen, im zweiten Abschnitt geht es um die atmosphärische Wirkung, die sich auf Farbe, Musterung und Materialästhetik konzentriert. Aus den Experimenten zu Funktion und Material sowie Atmosphäre und Farbe soll am Ende ein finaler Teppichentwurf entstehen, der in der gewählten Technologie umgesetzt wird. Der Teppich soll abgepasst sein (also keine Auslegware).