Diplom Plastik, Studienrichtung Keramik, 2020
Meiner Arbeit zu Grunde liegen die Reiseberichte „In Nacht und Eis“, die der Polarforscher Fritjof Nansen 1896 von seiner Nordpolar-Expedition vorlegte. Ich war berührt von der poetischen Sprache, den eindrücklichen Sprachbildern, in die Fridtjof Nansen seine Erlebnisse gegossen hatte. Und ließ mich von seinen Texten zu dieser Arbeit inspirieren. Zitate dieses Reiseberichtes finden sich, in der Ausstellung, auf den Tischen, neben den Bildplatten.
Die Porzellanplatten können als Karteikarten eines umfangreichen Archivs gelesen werden, in dem das Erlebte im Reflektieren strukturiert, geordnet und abgelegt wird. Insofern ist die Arbeit der Malerei auf einem flachen Bildträger ebenso verwandt wie dem Künstlerbuch, das auf jeder Seite ein künstlerisches Unikat präsentiert und dieses im Kontext des Buches in Beziehung zum Ganzen setzt.
Die Notate auf den Platten entstehen in Parallele zu den Aufzeichnungen der Reise ins Ungewisse, die Nansen vor mehr als einhundert Jahren antrat. Der Malprozess in meiner Arbeit erstreckt sich über Wochen hinweg. Prozesshaft entwickle ich die scheinbar ganz vom Gestischen her entwickelten Kompositionen. Gemütszustände, die im Reisebericht aufscheinen, fließen in die Gestaltung ein. In künstlerischer Anverwandlung des Gelesenen bringe ich diese, meinige Kompositionen auf die gegossenen und geschnittenen Porzellanflächen auf. Der schwarze Farbkörper wird schichtweise auf den Bildträger aufgetragen; Trocknungsphasen unterbrechen die Arbeit. Die Intensität und die Verteilung der Farbe und die sich daraus ergebende Gestaltung der Farblagen werden erst nach dem Brand vollends sichtbar.
Auch hier habe ich es also mit einer Reise ins Ungewisse zu tun. Das sichtbar werdende Bild enthält immer etwas Zufälliges, Überraschendes. Das Malen mit Schwarz auf hellem Scherben bedeutet zugleich Zurücknahme gestalterischer Möglichkeiten und Intensivierung der Aussage. Die Monochromie der Eiswüste ist in der Gegenfarbe Schwarz gespiegelt, die Niederschrift des Erlebten durch den Einsatz des langlebigen keramischen Materials dauerhaft in den Zettelkästen konserviert. Diese Kisten sind Kisten des Versuches, des Erfolges, des Scheiterns vielleicht. In jedem Fall sind sie Denk- und Vorstellungsgerät, ein Gedächtnisraum, das anfassbare Unbewusste. Die kleinen Karten sind gleichermaßen Testobjekte und Bilder, die jedoch in ihrer Funktion als Sammlung zu eigenständiger Präsenz gelangen. So können die Betrachter*innen eintauchen in eine andere Welt. Die Ausstellungssituation soll dieses Gefühl vermitteln, temporär, für die Dauer des Ausstellungsbesuches, an einem anderen Ort zu weilen. Vielleicht in einer Bibliothek, vielleicht in einer Privatsammlung. Als Schaukasten und Sockel bilden die Tische die Brücke und den Halt, die Zusammenführung der einzelnen Positionen zur Arbeit „In Nacht und Eis“.
Die Diplomverteidigung fand am 23.09.2020 in der Burg Galerie im Volkspark, Schleifweg 8a, Halle/Saale statt.
www.catherine-sanke.de