Von Mittwoch, 15. bis Sonntag, 19. Januar 2025, stellt Burg-Alumni Philipp Keidler Arbeiten im Blech – Raum für Kunst Halle e.V. aus, die im Rahmen des Graduiertenstipendiums entstanden sind, das er 2023/24 erhielt.
Bei der Begehung einer alten Salzhalde bei Teutschenthal im Jahr 2018 macht Philipp Keidler eine erstaunliche Feststellung. Die seltsam idyllische Natur der Industriebrache mit dem weißen Berg im Hintergrund erinnert ihn an seine Heimat, die Allgäuer Alpen. Er hält den Eindruck fotografisch fest. Ausgehend von diesem Erlebnis schürft der Autor anrüchige Verbindungen: Die untertägigen Hohlräume des ehemaligen Salzbergwerks zwischen Halle-Angersdorf und Teutschenthal werden von der Firma GTS mit hochgiftigen Abfällen, wie Industrieschlacken, verfüllt. Die GTS erwarb den Stollen von der Treuhand, um ihn im Versatzverfahren bergmännisch zu „sichern“. Der Versatz soll Gebirgsstürze mit Erdbeben an der Tagesoberfläche verhindern. Die GTS ist seit 2008 eine Tochtergesellschaft der im Allgäu ansässigen Geiger-Gruppe. Den für Geiger typischen grünen Anstrich erkennt der Künstler am Wetterschacht. Das bodenständig wirkende Familienunternehmen steigerte nach dem Kauf den Versatz im Bergwerk auf über 200.000 Tonnen Industrieabfälle jährlich.
Philipp Keidler sucht über- und untertage nach dem Befremdlichen und findet das Vertraute. Er zeigt die Überlagerungen von Idylle und Dystopie. Das Ergebnis sind jedoch keine unscharfen Verweise, sondern eine Neusortierung des Gewohnten und der Beziehungen des Raumes. Die Schlichtheit der Formen und das zurückhaltende Spiel mit Bau- und Rohstoffen schafft eine einfache, klare Atmosphäre, ohne einfach zu sein.
Die Oberfläche wird gebrochen von Geräuschen, mittels Geophon abgehört aus den Tiefen des Stollens und der Allgäuer Täler. Die geschichteten Klänge machen das Unsichtbare hörbar. Damit schafft der Künstler einen Zugang zum Bergbau in 700m Tiefe unter Halle-Angersdorf und fördert Fragmente seiner eigenen Biographie zu Tage. Die Installation wird durch dokumentarische Berichte von Anwohner*innen und einem Projektleiter aus dem Schachtbau ergänzt.
Die Werke von Philipp Keidler laden dazu ein, eine immersive, intime Begegnung mit dem postindustriellen Zerfall und der (scheinbaren) Idylle von Heimat zu machen. Die Unsicherheit bleibt was vertraut und was befremdlich ist.
(Text: Ekke Metzger)
Philipp Keidler lebt und arbeitet seit 2015 in Halle (Saale). Er studierte an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle in der Klasse von Prof. Stella Geppert sowie an der Villa Arson in Nizza. Seinen konzeptuellen Arbeiten liegt eine wissenschaftliche Herangehensweise zugrunde. Er bewegt sich in einem Spannungsfeld von Authentizität und Fiktion und schafft mit seinen Arbeiten eigene Assoziationen bei den Betrachtenden.
Das Projekt entstand im Zuge der Graduiertenförderung der Kunsthochschule Burg Giebichenstein und wurde von Werkleitz im Rahmen des Technikverleihs unterstützt.