Ist das ein Stein oder eine Insel? Oder vielleicht doch ein Stein? - fragt der Künstler Bruno Munari (1907–1998) in seinem Fotobuch »From afar it was an island« (1971/2006).
Damit spielt er an auf unsere Fähigkeit zu Imagination und Einbildungskraft, welche im Entwurf von dreidimensionalen Formen eine große Rolle spielt. Welche Assoziationen werden geweckt? Was erzählt mir diese Form? Und was könnte sie noch sein? Beim Sammeln von Steinen sind diese Fragen vermutlich schon fast jeder / jedem begegnet. Genauso können Imaginationen auch der Grund zum Sammeln sein. Die Architektin und Designerin Lina Bo Bardi beschreibt in ihrem Essay „Stones against diamonds“ (1947) warum sie beim Sammeln die unscheinbaren Steine den besonders „wertvollen“ vorzieht und knüpft an diese Überlegung ganz grundlegende gesellschaftspolitische Aufforderungen.
Und Steine können auch noch mehr: sie offenbaren Gestaltungsprinzipien der Natur, eröffnen uns geometrische Formen und erzählen durch ihre bloße Präsenz von der Zeitlichkeit unserer Erdgeschichte. Mineralogische Sammlungen wiederum konfrontieren uns nicht nur mit einer großen Vielfalt an Ausdrucksformen der Natur - sondern auch mit unserem eigenen Umgang mit (kolonialen) Besitzverhältnissen, damit einhergehenden Unterwerfungsgesten oder dem Raubbau natürlicher Ressourcen.
In der Kompaktwoche wollen wir uns auf unterschiedliche Weise mit Steinen auseinandersetzen: das Sammeln, Imaginieren und Transformieren von Formen aber auch das dreidimensionale Erzählen wird hierbei eine besondere Rolle spielen. Das Pendeln zwischen zwei- und dreidimensionalen Methoden sowie das Erproben verschiedener Materialien und Techniken werden uns dabei behilflich sein. Weiterführenden Erzählungen über das Sammeln und Erobern von Steinen sowie wenn möglich Sammlungsbesuche runden das Ganze ab.