„Work, work, work, work, work, work“ (Rihanna)
Der Silberstreifen am Horizont der technischen Entwicklungen kündigt an, dass Roboter und KI-Programme bald alle Mühsal von uns abnehmen werden. Niemand wird mehr arbeiten müssen, alles Schinden und Schuften hat ein Ende – zumindest in den reichen Gesellschaften des globalen Nordens. Wer hierzulande dann noch etwas produzieren möchte – sagen wir: ein Brot, ein Kunstwerk oder ein Buch – tut das völlig befreit von den Notwendigkeiten der Bedürfnisbefriedigung. Vorbei ist dann also auch die Zeit, als „Beruf oder Berufung“ eine individuelle Abwägungsfrage war oder die Lebensform der Arbeiter_in eine Kollektivierungsfunktion hatte, mithin als Keimzelle der Revolution gelten konnte. Auf den letzten Metern zur arbeitsfreien Gesellschaft erledigen wir noch ein paar Jobs in der GigEconomy, wenn wir nicht bereits jetzt nur noch unentgeltlich Content kreieren. Romantische Vorstellungen des prometheischen Menschen, der sich im Schaffen von Werken den Göttern anähnelt, finden sich ja nicht mal mehr in den Künsten.
Ungeachtet dessen, ob wir diesen Abgesang der Arbeit bedauern, feiern oder gar inhaltlich in Zweifel ziehen, lässt er sich als Symptom eines gesellschaftlichen Umbruchs lesen. Da Philosophie dem Aphorismus G.W. Hegels nach „ihre Zeit in Gedanken gefasst“ ist, stellt sich ihr die Frage, was genau bei diesen Transformationen überhaupt zur Debatte steht. Was bedeutet „Arbeit“, was ist Arbeiten und wovon lässt sich das abgrenzen? Welche begrifflichen und phänomenbezogenen Dimensionen wurden und werden mit dem Arbeitsbegriff adressiert? Inwiefern ist es ein Problem, wenn die Hervorbringung von Werken entwertet oder gar verunmöglicht wird?
Unter Bezugnahme auf philosophische Texte und Theorien (u.a. von Arendt, Hesiod, Marx, Weil, Federici) versuchen wir im Seminar, Konzepte des Arbeitens in historischer und systematischer Perspektive zu verstehen. Dabei werden Grundsatzfragen, z.B. nach dem Verhältnis von Mensch und Natur, nach Freiheit und Notwendigkeit, nach Produktion und Reproduktion oder nach dem guten Lebens diskutiert. Die gemeinsame Denkarbeit wird an Positionen aus Kunst und Kultur rückgebunden. Ziel des Seminars ist es, themenbezogen mit philosophischen Methoden und Inhalten vertraut zu werden.
Hintergrundlektüre:
Lemke und Weinstock (Hg.): Kunst und Arbeit. Zum Verhältnis von Ästhetik und Arbeitsanthropologie vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Fink 2014.