FLORENTIN
Blamier mich nicht, mein schönes Kind,
Und grüß mich nicht unter den Linden;
Wenn wir nachher zu Hause sind,
Wird sich schon alles finden.
Heinrich Heine
Florentin ist der Titel meines Diploms und wie Heine so treffend beschreibt, ist es mein Kind, das ich die ganze Zeit über gehegt und gepflegt habe. Ein Ornament bildet sich heraus, ein verstecktes Regelwerk, das nicht gleich zu durchblicken ist, aber trotzdem eine zugrunde liegende Ordnung erfahrbar macht. Da sind bunte geschwungene Linien auf schwarzem Grund - großes Thema: Ornament - und dann konstruktive, geometrische Entwurfsüberlegungen. Als Raster dafür dient mir die simple Grundform des gleichseitigen Dreiecks. Viele verschiedene Kombinationen werden möglich in dem einzelne Dreiecke farblich zusammengezogen werden. Dadurch entstehen weitere Formen die dem Dreieck verwandt sind. Zwei gleichfarbige Dreiecke bilden ein Rhombus, drei ein Trapez, sechs Dreiecke ein Sechsecke. Um in meiner Arbeit zu einer Bildkomposition zu gelangen, nutze ich verschiedene Prinzipien.
1.) eine Abfolge von farbigen Dreiecken wird festgelegt, die starr bestehen bleibt und die ich Modul nenne.
2.) das einzelne Modul wird vielfach multipliziert und kann aneinander gereiht werden
3.) das Modul ist drehbar
4.) Unterbrechungen in der Modulabfolge sind möglich und können durch andersfarbige Elemente gefüllt werden.
Die Einzelnen Module sind frei wandelbar und auch miteinander kombinierbar. Die Konstruktion eines ganzen Modulsystems ist einfach, trotzdem ist das Regelwerk nicht sofort nachvollziehbar. Immer gleich aneinandergelegte Module bilden einen Formenkanon, der durch die Drehung eines einzigen Moduls unterbrochen werden kann. So entsteht ein Wechselspiel von Gleichförmigkeit und Unterbrechung. Das Muster könnte stringent sein, wenn es nicht der ständigen Auflösung und Neuerfindung des Modulsystems erliegen würde. Mich fasziniert die Einfachheit und Vielfältigkeit dieses Formenspiels. Ornamentik oder wie ich es in meiner schriftlichen Arbeit nenne: Rhythmus & Wiederholung ist für mich ein Weg, aufzuräumen. Formen und Farben werden sortiert, Größe und Abfolge festgelegt - Ruhe entsteht. Die geometrische Form ist klar begrenzt, zeitlos. Ich verstehe Ornament als Gestaltung die bewusst aber auch unbeabsichtigt auftritt. Die Wiederholung eines Motivs durch Spiegelung, Drehung, rhythmische Aneinanderreihung und gleichzeitig die Unendlichkeit der möglichen Motivwiederholungen. Ornamente sind etwas, das uns im alltäglichen begleitet und begegnet. Und umfasst für mich serienmäßige Reproduktion genauso wie zufällige und amorphe Gebilde. Das Ornament bündelt die Aufmerksamkeit in einer Form und erarbeitet diese Form in ständiger Wiederholung. Wiederholung schafft Präsenz.
Ein Raster entsteht mit vielen Möglichkeiten.
Florentin vielfach variiert.
Die Diplomverteidigung fand am 18.01.2017 im Seminarraum der Mediathek im Neuwerk 7 statt.