SustainLab

platform for critical matter

Das SustainLab ist eine explorative Forschungsplattform im Kontext Nachhaltigkeit, die Kunst und Design mit  wissenschaftlichen Methoden und Fragestellungen verbindet. Nachhaltige Zukünfte werden entworfen, um gleichzeitig neue praktische Ansätze und Diskurse zu provozieren.

 

Eine Kernaufgabe des Labors ist es, das Wachstum und die Ernte von Wissen zu ermöglichen. Wir nutzen künstlerische und gestalterische Praxis als Katalysator für interdisziplinäre Forschung und Wissenschaft als inspirierendes Werkzeug zur Auseinandersetzung mit Material und Technologie im ökologischen Kontext.

Bekannten Gedanken- und Handlungsmustern begegnen wir mit kritischer Reflexion und neuen konzeptuellen Linsen. Wir unterstützen studentische Arbeiten, kooperieren mit externen Partner*innen, entwerfen Kommunikationsräume.

Innerhalb ausgewählter Jahresthemen verfolgen wir eigene Forschungsprojekte. In einer anschließenden Ausstellung werfen wir einen detaillierten Blick auf vielfältige Aspekte  und treten in den öffentlichen Diskurs.

System: Solum – Eine interaktive Forschungslandkarte

Lebensraum, Rohstoffquelle, Rückführungsort, Produzent und Produkt, Fundament und Archiv: „Solum“ bezeichnet aus geologischer Sicht den Bodenkörper. Wir verstehen ihn als Material und gleichzeitig als komplexes System – und machen ihn zum Forschungsthema. Continually under construction: Eine stetig wachsende Übersicht hält die vielschichtige Annäherung aus wissenschaftlicher und gestalterischer Perspektive fest. Dabei dient sie als Systemüberblick, Wissensspeicher, Prozessdokumentation und Ergebnispräsentation zugleich. Die kollaborative Kartierung stellt diverse Zugänge gleichwertig nebeneinander und bildet Kachel für Kachel die Komplexität des Themas ab, ohne offene Lücken zu verbergen. Die Abbildung verzweigt sich in zwei Themenschwerpunkten: (un)certain flows beleuchtet Zukunftsszenarien des Materials Gips und prog/rammed earth experimentiert mit neuen Technologien für einen zukunftsweisenden Umgang mit lokalen Sedimenten.

SOLUM – generous sediments and rare loads

Während mit immer größerem Aufwand nach geogenen Materialien gegraben wird, steigen die kritischen Stoffgehalte in der Erde. Unter dem Arbeitstitel „SOLUM – generous sediments and rare loads“ stellen wir uns der Frage, auf welchem Boden wir stehen. „Solum“ bezeichnet aus geologischer Sicht den Bodenkörper. Wir verstehen ihn als Material und gleichzeitig als komplexes System. Er ist Lebensraum, Rohstoffquelle, Rückführungsort, Produzent und Produkt, Fundament und Archiv.

Wie viel Boden verbrauchen wir Tag für Tag? Und in welcher Form? Welchen Veränderungen unterliegen geogene Stoffströme durch anthropogenen Einfluss? Wie sehen Alternativen und Wege zu einem nachhaltigen Umgang mit Sedimenten aus? Und wie können Kunst und Design dabei die Lücke zwischen den abstrakten akademischen Visionen und den realen Bedingungen des Alltags schließen?

 

Teilprojekt prog/rammed earth 2021–2022, zusammen mit dem XLab

Stampflehm, Pisé oder Rammed Earth – eine jahrtausendealte Bautechnik: Krümeliges, erdfeuchtes und relativ mageres Tongemisch wird schichtweise in eine Schalung eingefüllt. Durch Stampfen wird es verdichtet, entschalt und danach luftgehärtet.

In der Natur führt Verdichtung dazu, dass der Boden wesentliche Funktionen einbüßt. Hingegen weiß die Architektur das Potenzial von Stampflehm zu nutzen: Porosität und Durchlässigkeit machen das Material atmungsaktiv. Außerdem ist der Baustoff durch die Nutzung und Wiederverwendbarkeit lokaler Ressourcen kreislauffähig. Bei all den überzeugenden Argumenten und über 100 Millionen Tonnen Bodenaushub pro Jahr allein in Deutschland: Lässt sich Stampflehm jenseits von Mauern und Fußböden denken?

Wir führen eine zweite Komponente ein und betrachten Stampflehm als ein robotergestütztes additives Fertigungsverfahren. Das Stützmaterial wird präzise um das Lehmgemisch herum platziert. Es rieselt, fließt, verdunstet oder bricht nach dem Stampfen aus der Schalung heraus. Dadurch entsteht eine selektive Bindung. Sie eröffnet einzigartige architektonische Möglichkeiten wie Freiformen, Überhänge und Hinterschnitte: prog/rammed earth.

 

Teilprojekt (un)certain flows: Zukunftsszenarien für Gips im Jahr 2050; 2021–2022

In Deutschland werden jährlich rund 10 Millionen Tonnen Gips verbraucht. Davon stammen rund 60 Prozent aus Kohlekraftwerken. Dort fällt er als Nebenprodukt bei der Stromerzeugung an: als sogenannter Rauchgasentschwefelungsgips oder REA-Gips. Mit dem Kohleausstieg bis 2038 wird diese Ressource fast vollständig versiegen.

Das wirft die Frage auf, wie Szenarien für alternative Methoden der Gewinnung, Zusammensetzung, Verarbeitung, des Recyclings und der Logistik dieses Materials aussehen könnten. Das Projekt nutzt mathematische Modelle, um das aktuelle Materialsystem Gips zu analysieren. Daraus werden spekulative Konzepte für die Gestaltung zukünftiger Rohstoffquellen sowie deren Materialeigenschaften und soziotechnische Infrastruktur entwickelt.

Das Projekt bringt Ansätze aus den Disziplinen Geoökologie, Ingenieurwissenschaften und Design Fiction zusammen. Es wird in Kooperation mit verschiedenen Partnern aus Wirtschaft und Forschung durchgeführt, darunter das Gipswerk Uehrde von Rump & Salzmann und das Thüringer Innovationszentrum für Wertstoffe ThIWert.

Das SustainLab befindet sich in der Materialsammlung der BURG und damit in einer Umgebung, die passender nicht sein könnte. Inmitten dieser Sammlung zum Anfassen wird Material ganzheitlich betrachtet: von seinem Ursprung und seinen Eigenschaften, über den Nutzungskontext bis hin zum Gebrauchsende und den Folgen für die Umwelt.

Die Mitarbeiter*innen des SustainLab kombinieren ihre Erfahrungen und die unterschiedlichen Herangehensweisen aus den Umweltwissenschaften und dem Design miteinander und unterstützen fließende Übergänge in die freie Kunst.

Hierfür steht ein metaphorischer Werkzeugkasten zur Verfügung: Dazu entwickelte das SustainLab die Methodik Terra Ocular, um verschiedene nachhaltigkeitsbezogene Blickwinkel mit Hilfe von konkreten Fragebausteinen zu betrachten und neue Strategien der künstlerisch-gestalterischen Forschung und Praxis auszuloten.

Das SustainLab nutzt verschiedene Ansätze und Werkzeuge aus den unterschiedlichsten Disziplinen. So verbinden sie zum Beispiel Methoden aus den Umweltwissenschaften wie Life-Cycle-Assessment, Material-Flow-Analysis, Freilandexperimente und Feldforschung mit verschiedenen Tools der Designforschung und nachhaltigen Gestaltung sowie mit prozessorientierten Ansätzen der künstlerischen Forschung. Zur Arbeit im Lab gehört es außerdem, eigene Werkzeuge zur Untersuchung der verschiedenen Themenfelder zu entwickeln.

Wem steht das SustainLab offen?

Das SustainLab steht den Studierenden und Mitarbeitenden aller Fachbereiche offen. Zu beachten sind die Öffnungszeiten bzw. Sprechzeiten und vorherige Anmeldung bei den Mitarbeiter*innen des Labs.

Welche Zugangsvoraussetzungen gibt es für das SustainLab?

Um im SustainLab arbeiten zu können, absolvieren Studierende zunächst eine Belehrung. Sie erfolgt zu Beginn des ersten Semesters und wird jährlich aufgefrischt. Hierbei erhalten die Studierenden alle relevanten Informationen zur Zielstellung des Labs, zu grundlegenden Methoden und Arbeitsweisen.

Wie bereite ich mich auf das SustainLab vor?

Studierende melden sich vorab bei den Mitarbeiter*innen des SustainLab per E-Mail mit einer kurzen Beschreibung ihres Anliegens an. Im Rahmen der Sprechstunde beraten die Mitarbeiter*innen bezüglich der Fragen, Inhalte und Projekte und planen gemeinsam mit Studierenden die weitere Arbeit mit dem Lab.

Wo finde ich grundlegende Informationen zum Forschungsfeld Nachhaltigkeit?

Zur Einführung in die Arbeit im Lab bieten wir immer in der vorlesungsfreien Zeit diese Getting Started Workshops an:

  • Life&Cycle: Grundlagen der Ökobilanzierung, Anwendung in Kunst und Design
  • Speculations&Transformations: Einführung in Spekulatives Design, Sinn und Unsinn kritischer Interventionen und leichtsinniger Utopien im sozio-ökologischen Kontext