Das Spiel mit Material und den darin eingebetteten Konnotationen, seine Transformation und Erforschung stellen einen wichtigen Strang zeitgenössischer Kunst dar. Dabei ist für die Rezeption der entstehenden Werke interessant, welche Materialien aufgrund welcher Eigenschaften ausgewählt werden und welche Funktion sie innerhalb des Rezeptionsprozesses einnehmen.

Im Seminar soll die Kunstpraxis verschiedener Schwarzer Künstlerinnen wie Theresa Ankomah, Otobong Nkanga, Lungiswa Gqunta, Bronwyn Katz, Tracy Naa Koshie Thompson etc. vorgestellt werden. Im Fokus stehen deren Materialauswahl und -strategien zur Konzeption von Installationen und Performances sowie deren Präsentation innerhalb von Ausstellungen. Inwiefern wird dabei auf gefundene Objekte, Alltagsgegenstände, Textilien, Rohstoffe etc. als Träger von Wissen, Erinnerungen und Emotionen zurückgegriffen, um im Kontext von postkolonialen Macht- und Wissenshierarchien, neue Perspektiven auf gesellschaftliche Zustände und unterrepräsentierte Narrative zu ermöglichen?

Des Weiteren soll im Rahmen des Seminars diskutiert werden, inwieweit die künstlerische Praxis der einzelnen Künstlerinnen unter dem Begriff „Craftivism“ (Betsy Greer) gefasst werden kann.

„Craftivism" als Begriff ist mit feministischen Bewegungen verknüpft und bezieht sich im engeren Sinne auf das Zurückgreifen auf kunsthandwerkliche Praxen und kreative Zusammenarbeit als subversive Strategie, um sozial-gesellschaftliche Diskurse zu beeinflussen. Darüber hinaus lädt der Begriff „craft“ dazu ein, über Zusammenhänge von kreativem Handeln, Handwerk, Materialität und Gestaltung im gesamtgesellschaftlichen Kontext nachzudenken sowie über Arbeitskraft und wirtschaftliche Kreisläufe.

Ziel des Seminars ist, die Kunstpraxis und Werke der Künstlerinnen in Hinblick auf ihr aktivistisches Potenzial zu untersuchen und dem nachzugehen, welche Rolle die Materialität der Objekte spielt.

Grundlegende Literatur:

  • Jaqueline Miller, Catriona Moore: Contemporary Art and Feminism. New York 2021; Kap. 4. Craftivism: A material ethics of care.
  • Gramlich, Naomie: Mediengeologisches Sorgen. Mit Otobong Nkanga gegen Ökolonialität. In: Zeitschrift für Medienwissenschaft. Heft 24: Medien der Sorge, Jg. 13 (2021), Nr. 1, S. 65– 76. DOI: https://doi.org/10.25969/mediarep/15776.

Weiterführende Literatur:

  • The new politics of the handmade: craft, art and design, Hg.: Anthea Black, Nicole Burisch, New York 2020.
  • Material und künstlerisches Handeln: Positionen und Perspektiven in der Gegenwartskunst, Hg.: Sabiene Autsch, Sara Hornäk, Bielefeld 2017.
  • Hoppe, Katharina; Lemke, Thomas: Neue Materialismen zur Einführung. Hamburg 2021.
  • Craftivism: The Art of Craft and Activism, Hg.: Betsy Greer, Vancouver 2014.

Lernziele, Qualifikationsziele / Objectives,  Learning Outcome

  • Verständnis für disziplinäre und transdisziplinäre Theorien, insbesondere Postcolonial Studies
  • Erweiterung des eigenen methodischen Spektrums
  • Reflexion eines kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Diskursfeldes