Wahlpflichtprojekt Fotografie
WiSe 2019/20

Daniela Friebel

Kann ein Mensch, der blind aufwächst und erst im Erwachsenenalter sein Augenlicht erlangt, sehend einen Würfel von einer Kugel unterscheiden – ohne diese zu berühren?
Unsere Augen nehmen Informationen zu Kontrasten, Farben und Helligkeiten auf. Erst unser Gehirn interpretiert diese Informationen und lässt ein Bild daraus entstehen. In die Interpretation fließen nicht nur visuelle Reize ein, sondern auch unsere eigenen Erfahrungen sowie evolutionär bedingte Mechanismen und Filter. Die „Unaufmerksamkeitsblindheit" ist ein Beispiel für einen solchen Filter: er priorisiert visuelle Reize und schützt dadurch einerseits vor Reizüberflutung, hat aber andererseits zur Folge, dass wir bestimmte Dinge tatsächlich nicht sehen.

Jedes Bild hat bestimmte Parameter (z.B. Größe, Farbinformationen, Auflösung, Material etc.) und existiert in einem bestimmten Kontext, sei es virtuell oder real, in einem Buch, in einem Ausstellungsraum oder gar auf einer Konservendose. Bildwahrnehmung existiert nicht losgelöst von diesen Parametern – die Veränderung einer oder mehrer dieser Parameter führt unweigerlich zu einer Verschiebung der Wahrnehmung. Illusionen spielen mit diesen Parametern, wie Parrhasius’ Vorhang vor über 2000 Jahren oder das umgedrehte Gemälde von Cornelis Gijsbrecht aus dem 17. Jahrhundert.

Der Kurs gibt einen Einblick in die Grundlagen der Wahrnehmungspsychologie in Bezug auf die Bildende Kunst und beschreibt sie anhand von klassischen und zeitgenössischen Positionen mit einem Schwerpunkt auf Fotografie. Verbindendes Element von Arbeiten beispielsweise von Viktoria Binschtok, Noemi Goudal oder Onorato Krebs ist das Spiel mit der Wahrnehmung.
Ziel des Kurses ist die Sensibilisierung für unbewusste Wahrnungsphänomene und deren bewusstes Einbeziehen in die eigene Arbeit.
Mit spielerischen und gleichzeitig analytischen Mitteln experimentieren wir mit Präsentationsformen fotografischer Bilder und konzipieren eine mögliche Ausstellung.