Repräsentation: Konjunkturen eines Konzepts und der Versuch einer Versöhnung

Dienstag, 16:15 - 17:45 Uhr, Beginn: 6.4.2021

Digital, wenn wieder möglich, in Präsenz

 

Für alle Studierenden geeignet

Erwerb von Teilnahme und/oder Leistungsscheinen (Referat/Hausarbeit)

Begrenzte Teilnehmer*innenzahl

 

Anmeldung: huber(at)burg-halle.de

 

Während ‚Repräsentation‘ ab spätestens der 1970er Jahre zum prominenten Thema besonders feministischer Diskurse erhoben wurde, nehmen gegenwärtige – auch queere – Debatten Abstand von repräsentationspolitischen Strategien der Sichtbarkeit. Zielte Repräsentationskritik in der visuellen Kultur zunächst auf eine Analyse bestehender Darstellungskonventionen ab, um gegen gesellschaftliche Ungleichverhältnisse anzugehen, provozierte die zunehmende Verengung auf einen kategorischen Sichtbarkeitsimperativ bald Einwände. Problematisiert wurden sowohl Schwächen des Konzepts gegenüber Überwachungsapparaten und Identitätsbehauptungen als auch eine privilegierte Perspektive, die Risiken für vulnerable Positionen nicht berücksichtige. Im Kunstdiskurs liefert das Konzept offenbar schon seit geraumer Zeit kein geeignetes Instrument mehr, mit dem Werke analysiert und interpretiert werden könnten: Hier wird nun evoziert oder zur Schau gestellt sowie einer vermeintlich statischen Verbindung zwischen Werk und seinem ‚Gegenstand‘ (aus guten Gründen) eine Absage erteilt. 

Dennoch scheint es voreilig, das Problem ‚Repräsentation‘ aus dem kunstwissenschaftlichen und -kritischen Repertoire zu verabschieden. Gerade zeitgenössische Künstler:innen, die sich mit Fragen von Identität und den Folgen kolonial und imperial geprägter Vergangenheiten beschäftigen, setzen sich in den verschiedensten Medien weiterhin kritisch mit tradierten Formen der Repräsentation auseinander: klassisch im Portrait wie Catherine Opie und Kehinde Wiley, als Gegenmonument wie Kara Walkers ‚Fons Americanus‘ (2020) oder in der Form eines alternativen Archives, das Zoe Leonard und Cheryl Dunye mit dem ‚Fae Richards Photo Archive‘ (1996) realisierten. Repräsentationen, so suggerieren bereits diese wenigen Beispiele, erschöpfen sich nicht im Verweischarakter, sondern haben aktiven Anteil an der Produktion von Wissen und gesellschaftlichen Ordnungen.

Das Seminar verfolgt diesen Diskurs einerseits anhand von künstlerischen Positionen seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, in denen sich kritische Interventionen in die bestehenden Ordnungen der Repräsentation beobachten lassen. Der Fokus liegt dabei geografisch auf dem globalen Norden, da hier eine besondere Verdichtung des Themas zu erkennen ist. Andererseits sollen aktuelle Debatten um repräsentationspolitische Programme in Architektur und Kulturinstitutionen aufgegriffen werden, die über diesen geopolitischen Rahmen hinaus gehen. Anhand von konkreten Beispielen soll untersucht werden, wie das Konzept für Kunstwerke als ästhetische Verweissysteme aktualisiert werden könnte: wie und unter welchen Bedingungen werden Repräsentationen bedeutsam und als soziopolitische Beziehungen und Effekte wirksam? Parallel zur Diskussion der Fallbeispiele werden zudem anhand von gemeinsamen Lektüren differenzierte Begrifflichkeiten eingeführt sowie eine fundierte Diskussionsgrundlage aufgebaut.

 

Einführende Literatur: 

Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge. Frankfurt a.M. 1999 [1966]. 

Brian Wallis (Hg.): Art After Modernism. Rethinking Representation. New York 1984. 

Catherine Gudis, May Ann Jacob, Ann Goldstein (Hg.): A Forest of Signs. Art in the Crisis of Representation. Los Angeles: Museum for Contemporary Art 1989. 

Stuart Hall: Kulturelle Identität und Diaspora, in: ders., Rassismus und kulturelle Identität, Hamburg 1994. 

Deuber-Mankowsky, Astrid: Geschlecht und Repräsentation. Oder, wie das Bild zum Denken kommt. In: Die Philosophin, 9. Jahrgang, Heft 18, Oktober 1998, S. 24-41. 

Lernziele, Qualifikationsziele/Objectives, Learning Outcome

  • Erarbeitung theoretischer und diskursiver Zugänge zu historischem Wissen
  • Erweiterung des eigenen methodischen Spektrums
  • Einblick in die historische Entwicklung von Analysemodellen

  • Reflexion des kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Diskursfeldes
  • Verständnis für disziplinäre und transdisziplinäre Theorien