Untersuchungen zu Raum und Identität im Spannungsverhältnis von außen und innen
Masterthesis von Michaela Anzer, betreut von Prof. Dr. Veronica Biermann
Fenster: Es macht Spaß, in einem der endlosen Sofas zu lümmeln und aus dieser komfortablen Position heraus den hektischen Berliner Alltag der Straßenkreuzung an sich vorbeiziehen zu lassen. Obwohl ich mich lediglich in dem für alle zugänglichen Erdgeschoss aufhalte, schleicht sich bei mir bereits das Gefühl ein, dazuzugehören zum Klub. Schließlich bin ich drin und die Vorbeigehenden sind draußen. Aus der Außenperspektive passiert genau das Gegenteil. Durch die stark verspiegelten Scheiben sehe ich eher mich selbst mit Stadt im Hintergrund als das schemenhafte Innere. Ein Teil von mir wird schaulustig, ein anderer will sich nicht die Blöße geben, sich das anmerken zu lassen. Ich ärgere mich über meine eigene Neugier und spüre ein Gefühl von Abneigung aufsteigen. Und ich frage mich, warum das so ist, schließlich sind das nicht die ersten verspiegelten Scheiben, denen ich begegne und an denen ich in aller Regel gleichgültig vorübergehe. Der Grund ist der Klatsch. Während meiner Recherchen hatte ich bereits einige Artikel in der lokalen und überregionalen Presse gelesen, die sich an der Exklusivität des Soho House Berlin abarbeiten. Weil ich weiß, dass hier ein Komitee über würdige und unwürdige Bewerber urteilt, sehe ich mich außen vor. Und obwohl ich gar nicht vorhabe, mich auf die legendäre Bewerbungsliste setzen zu lassen, fühle ich mich provoziert. Mit zunehmender Dunkelheit verliert die Spiegelung ihre Kraft und insbesondere das Geschehen in The Store X wird einsehbar. Die Fenster funktionieren wie ein Kippbild, das sich je nach Blickwinkel und Lichtverhältnissen öffnet und schließt.
(Textprobe)