Die documenta fand 1955 erstmals als Begleitausstellung zur Bundesgartenschau im stark kriegszerstörten Kassel statt. Die Macher der Kunstausstellung knüpften bewusst an die Vorkriegsmoderne an und zeigten die im Nationalsozialismus als „entartet“ diffamierte Kunst in Verbindung mit abstrakter Gegenwartskunst. Schon diese Präsentation vertrat also den Anspruch, einen Beitrag zur aktuellen kultur-politischen Diskussion zu liefern. Heute ist die Eindeutigkeit dieser Positionierung durch die Kritik an dem Kunsthistoriker Werner Haftmann, dessen Konzepte die ersten vier documenta-Ausstellungen stark bestimmten, in Frage gestellt.
Seit den Anfängen hat die alle fünf Jahre stattfindende Großausstellung immer mehr Künstler*innen einbezogen und das Ereignis lockt eine stetig steigende Zahl von Besucher*innen an. Dabei wurde der Blick mehr und mehr über Europa hinaus gelenkt, um bewusst eine Kritik an arrivierten kulturellen Deutungsmustern zu äußern und verschiedene Sichtweisen und Kontexte einzubeziehen. So wurde beispielsweise bei der Documenta 11 (Kurator: Okwui Enwezor) ein Schwerpunkt auf die Kunst des Kontinents Afrika gelenkt; so fand die dOCUMENTA 13 (Kuratorin: Carolyn Christov-Bakargiev) nicht nur in Kassel statt, sondern bespielte auch Außenstellen in Afghanistan, Ägypten und Kanada; die documenta 14 wurde 2017 zuerst in Athen und dann in Kassel eröffnet. Die diesjährige documenta durchbricht erstmals den Poker mit bekannten Namen von Künstler*innen und setzt auf die Arbeit von Kollektiven. Kuratiert wird sie von der 2000 in Jakarta, Indonesien, gegründeten Gruppe ruangrupa.
Wir werden uns im Seminar mit den kuratorischen Konzepten, den Präsentations- und Vermittlungsformen, mit exemplarischen Hauptwerken und dem Diskursfeld der bisherigen documenta-Ausstellungen auseinandersetzen. Außerdem wollen wir uns mit dem Ideenhintergrund und dem Glossar der aktuellen documenta fifteen beschäftigen, soweit dieser bisher bekannt ist, und uns Grundlagentexte zum Begriff „Kollektivität“ ansehen.
Zur Einführung:
- https://www.documenta.de
- https://documenta-fifteen.de/glossar/?entry=ruangrupa
- Documenta. Politik und Kunst. Hg.: Raphael Gross u.a. Kat. Deutsches Historisches Museum Berlin, München/London/New York 2021 (HC 2 Gro, Seminarfach Bätzner)
Anmeldung zum Seminar (begrenzte Teilnehmerzahl !): baetzner(at)burg-halle.de
Die Anmeldung zur Exkursion ist bereits abgeschlossen.
Name des/der Lehrenden / Name of Teacher
Prof. Dr. Nike Bätzner, Charlotte Silbermann
Veranstaltungsart und -methodik / Teaching and working methods
Seminar und Exkursion
Verwendbarkeit / Applicability
Kunstgeschichte (Diplom); Kunstgeschichte I oder II (Lehramt); MA Kunstwissenschaften: Modul 2 (Theorien und Diskurse), Modul 3 (Reflexive Praktiken), Modul 7 (Vertiefende Formate)
Lernziele, Qualifikationsziele / Objectives, Learning Outcome
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Einblick in die historische Entwicklung kunsthistorischer Fragestellungen
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Reflexion eines kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Diskursfeldes
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Verständnis für disziplinäre und transdisziplinäre Theorien
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Einblick in zentrale Arbeits- und Betätigungsfelder der Kunstwissenschaften
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Rezeption und Kritik von Kunst im Rahmen ihrer je besonderen Inszenierung in unterschiedlichen Präsentationsformen
Beurteilung / Assessment
Teilnahme (T), Hausarbeit (H), Exkursionsschein
Zugangsvoraussetzung / Prerequisites
keine
Umfang in SWS / Semester periods per week
2 (Seminar und Exkursion)