Atelier III Präsentation / Klasse Prof. Stella Geppert / Kunst (Lehramt) / 11.06.- 02.07.2020 – Galerie Burg 2

Knüpfen, verknüpfen, verschnüren, verknoten. Linien, werden zusammengefasst, koexistieren auseinander und nebeneinander und übereinander und werden eng verschlungen zu Knoten und Wülsten und Flächen.
Es sind zusammenhängende Gebilde, die übereinanderliegen, es schwer machen zu erfassen, was lediglich voreinander besteht, oder doch miteinander verbunden ist. Wenn man sich unmittelbar im Zentrum befindet, merkt man, dass es sich um mehrere Dimensionen oder Schichten handelt, in denen man sich leicht verfangen kann.
Das Durchgehen durch die Dimensionen ist nicht einfach, man muss aufpassen, dass man nicht hängen bleibt, oder wohin man tritt. Das Erfassen von außen ist zwar frontal vermeintlich umfassend, jedoch nicht differenziert genug, es ist schwierig Einzelheiten festzumachen, oder den Aufbau zu verstehen ohne seine Perspektive zu verändern.

Superposition bedeutet Überlagerung, hat für mich aber auch mit der Position und dem Standpunkt zu tun von dem etwas konzipiert, konstruiert und betrachtet wird. Der Standpunkt ist nicht nur faktisch und materiell durch unsere räumliche Verortung definiert, sondern auch durch unser Sein, Erinnerungen, Konflikte, kulturell tradiertes, angelesenes und erfahrungsbasiertes Wissen.
Der Begriff Identität bedeutet wohl genau diese Verortung und Position und zeichnet sich durch die Gesamtheit ihrer verknoteten und verknüpften und schwer definierbaren Eigenheiten aus.

In meiner Arbeit habe ich zunächst versucht systematisch Stränge, die sich in ihrer Stärke, Oberflächenstruktur oder sogar Farbe unterschieden, stellvertretend für verschiedene soziale Kategorien, also Positionen, aus denen sich bestimmte Handlungsweisen generieren können, zu verwenden. Diese wurden durch unterschiedliche Knotenarten miteinander verbunden, um festzuhalten, wo und wie und durch welche sozialen Beziehungen und Kontexte, sich die sozialen Kategorien verknüpfen, überlappen oder neu überschreiben.

Dabei fiel es mir besonders schwer diese Strenge, Kongruenz und Kontinuität beizubehalten. Es war nicht möglich eine Eins-zu-eins-Kodifizierung herzustellen, denn mir gingen einerseits die stellvertretenden Zeichen in Form von Knoten und unterschiedlichen Strängen aus und andererseits, konnte ich keinem Konzept treu bleiben: geht es um soziale Kategorien, Beziehungen, oder spezifische Situationen, werden diese in Abhängigkeit des Faktors Zeit, ihrer Wichtigkeit oder der Häufigkeit ihres Vorkommens dargestellt?

Diese Inkongruenz sollte deshalb thematisiert werden und mit einer Reduktion der formalen Mittel, ging es nunmehr um die Überlagerung verschiedener Konzepte, die durch wenige, der Schrift formal ähnliche, abstrahierende Kodifizierungen, sich wie eine Narration aus verschiedenen Positionen heraus, und verschiedene Dimensionen umfassend, erzählt.

Eine weitere Strategie sich den Konzepten anzunähern, war für mich, sie herunter zu schreiben. Schrift, die bereits eine Kodifizierung darstellt, durch ihre Normierung jedoch einer großen Anzahl von Personen geläufig und entzifferbar ist. Dabei ging es mir darum aus meiner Position heraus, die sich abhängig von Zeit, Raum und Mindset, welches sich wieder abhängig von der Einbettung in den Tagesablauf, den sozialen Kontakten und Gesprächen oder Lust am Ausformulieren oder möglicherweise am Erinnern an bereits bestehende Konzepte aus der Wissenschaft, unterschiedet. Diese tagesformabhängigen Konzepte werden überschrieben, die Buchstaben überlagern sich, und man kann nicht mehr erkennen, was zuerst da war. Die Kodifizierung, die so vielen Menschen geläufig ist, wird weiter kodifiziert. Ein roter Faden ist nicht ersichtlich. Die vorbeilaufenden Menschen können nicht lesen worum es geht, vielleicht nicht einmal sehen, dass es sich um Schrift handelt, sondern sehen nur eine formale Zeichnung, hellere und dunklere Flächen. Durch die Distanz des Schaufensters ist es so nur möglich Kategorien festzumachen.