Wir, die Designwissenschaften an der BURG, planen ein Symposium, für das wir uns Raum – und Zeit – für ein Experiment nehmen möchten: Das gemeinsame Nachdenken über und mit Design und Anthropologie. Für die Tagung wünschen wir uns empirische und theoretische Beiträge an den Schnittstellen von Design und Anthropologie.

Die Designwissenschaften beschäftigen sich mit dem Gestalten und dem Gebrauch von Artefakten im Allgemeinen wie im Konkreten. Doch mit Fragen des Produzierens und Konsumierens beschäftigen sich auch viele andere Wissenschaften, beispielsweise die Anthropologie. Mit dem Design verbindet sie unter anderem die Untersuchung der menschlichen Fähigkeit, abstrakte Ideen in gestaltete Materialitäten zu übersetzen. Wir sind neugierig auf das Nachdenken dieser Disziplin über Design und auf die produktiven Wechselwirkungen der Verbindung von Design und Anthropologie: Inhaltlich, methodisch, vermittelnd. Eine vermutete Nähe ergibt sich durch den Fokus auf Alltagskulturen, auf die materiell-semiotische sowie auf die materiell-sensorische Dimension der gestalteten Umwelt. Beide interessieren sich nicht nur für die kulturelle Bedeutung von Artefakten, sondern auch wie diese unsere Wahrnehmung vorprägen und das Soziale mitgestalten. Dabei hat eine anthropologisch ausgerichtete Designforschung das Potential, den Horizont der Designwissenschaft und -praxis durch einen trans- und außereuropäischen Blick zu öffnen und so den westlich geprägten Designdiskurs um marginalisierte Positionen zu ergänzen. Methodisch verspricht die Anthropologie eine Erweiterung des Spektrums. Durch teilnehmende Beobachtungen, Befragungen und Interviews lässt sich Wissen über vorhandene Bedürfnisse und Belange systematisch sammeln, wodurch die Kluft zwischen den Lebenswirklichkeiten von Gestaltenden und zukünftigen Nutzenden verkleinert werden könnte. Prototypen, Entwürfe und Konzepte lassen sich mit einem ethnographischen Methodenrepertoire in konkreten Nutzungsszenarien in situ testen. So bleiben sie offen für überraschende Momente der Aneignung: nicht-antizipierte Umnutzungen, individuelle Anpassungen und Praktiken des Reparierens. Jenseits einer Produktion operationalisierbaren Wissens für das Design kann auch der Gestaltungsprozess selbst zum Gegenstand einer designanthropologischen Forschung werden – sowohl die Praktiken, das Wissen, die Werte von Gestalterinnen und Gestaltern als auch die Operationen, Einschreibungen und Politiken der beteiligten Dinge. Schließlich stellt sich die Frage, inwiefern die Gestaltung von Artefakten selbst eine Form der anthropologischen Forschung sein und sich an der Hervorbringung neuer Methoden und Herangehensweisen beteiligen kann. Hier ist das Potential einer Designanthropologie zu diskutieren, über die Dokumentation und Analyse des Bestehenden hinauszugehen und sich, mithin interventionistisch, in die Bedeutungs- und Wissensproduktion einzumischen, um vielleicht ein Stück weit in die Zukunft zu blicken und Alternativen zum Status Quo aufzuzeigen.