Der Vortrag von Prof. Dr. Birgit Haase im Rahmen der Reihe "Erz ählte Textilgeschichte" wirft ein Schlaglicht auf einige technische, wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Implikationen der Einführung synthetischer Farbstoffe in die Damenmode insbesondere der 1850er bis 1870er Jahre.
Die seit der Mitte des 19. Jahrhunderts auf den Markt gekommenen sogenannten Anilinfarbstoffe spielten eine Schlüsselrolle für die Herausbildung der Moderne. Ihre rasante Weiterentwicklung beflügelte die chemische Industrie und revolutionierte herkömmliche Wahrnehmungsmuster. Textilien von zuvor kaum gekannter Farbigkeit waren nun für breitere Bevölkerungskreise verfügbar, wodurch die öffentliche Sichtbarkeit und Präsenz modisch gekleideter Frauen gerade im großstädtischen Kontext gesteigert wurde. Zeitgenössische Reaktionen darauf schwankten zwischen begeisterter Zustimmung einerseits und empörter Ablehnung andererseits, wobei die Stellungnahmen in der Regel mit symbolischen Interpretationen untrennbar verknüpft waren.
Prof. Dr. Birgit Haase
Professorin für Kunst- und Modegeschichte / Modetheorie an der HAW Hamburg, Department Design
Birgit Haase ist Professorin für Kunst- und Modegeschichte / Modetheorie am Department Design der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Sie hat zunächst Bekleidungstechnik (FH) mit Diplomabschluss, anschließend Kunstgeschichte und Geschichte an der Universität Hamburg studiert, wo sie mit einer Arbeit zur Bedeutung von Bild- und Sachquellen für die historische Kleidungsforschung am Beispiel früher Figurenbilder Claude Monets promovierte. Zu ihren Lehr- und Forschungsschwerpunkten gehören: Europäische Kleidungsgeschichte, Modetheorie, Kunst und Mode, materielle Kleidungskultur. Zudem ist Birgit Haase wissenschaftliche Leiterin des von ihr 2010 gegründeten „Archiv Armgartstraße“, das der historischen Forschung zur Textil- und Modeausbildung in Hamburg gewidmet ist.