Klassentreffen der Fachklasse Zeitbasierte Künste am 29.10.14 um 11 Uhr
"Die grundsätzlichen Kräfte zum Filme-Machen entstehen aus Interesse, Charakter und Subjektivität. Diese sind auf der Ebene der Vermittlung durch keine Methodik ersetzbar. Eine Auseinandersetzung mit den Motiven und Kräften der Montage anhand der eigenen Arbeiten der letzten Jahre und dem Versuch, Lehre und Praxis eng zu verzahnen.
Der oben genannte Text ist sehr eng mit meiner Lehre verknüpft. Wenn es im engeren Sinne um meine künstlerische Position zur Montage geht, habe ich mich dazu am ehesten in der Veröffentlichung "Schnittbekenntnisse" geäussert:
"Meine Ideen für die Details der Montage hängen allein davon ab, welche Impulse das Material in mir anregt. Die inhaltliche Ebene, der Diskurs hinter den Bildern kommt von ganz allein ins Spiel, denn sie ist wesentlich für das Finden einer Struktur des Films. Was die Regie über ihr Vorhaben erzählt, wie sie es selbst interpretiert oder was sie antreibt, lässt mich die Szenen und Bilder besser verstehen, aber allzu langes Reden verwässert nur die Arbeit im Schneideraum...
...Ich brauche immer meinen eigenen Zugang zum Material. Es muss mein ästhetisches oder sinnliches Empfinden ansprechen, und seine Temperatur oder Klangfarbe interessieren mich zunächst am meisten. Auch bei Gesprächen oder Interviews höre ich erst auf das Tempo, den Rhythmus und den Ausdruck der Stimmen...
...Dokumentarisches Material ist meistens geprägt von drei Momenten – der Be- obachtung, der Auseinandersetzung und der Information. Im Vordergrund stehen ein Thema und Protagonisten, biografisch oder argumentativ mit der Geschichte verwoben. Innerhalb dieses Dreiecks muss sich die Montage für eine Stilistik und eine Sprache entscheiden...
...In meiner Funktion als Cutter bin ich künstlerisch immer zu einem Teil fremdbestimmt. Aber meine Kompromissfähigkeit hat durchaus enge Grenzen. Zu viele Kompromisse gefährden mein eigenes Profil. Ich verwerte und entwickle etwas, das zumindest in seinem Ursprung und in seiner Gestaltungsanlage aus fremder Hand stammt. Und in der Auswahl des Themas, im Gespür für das Potenzial eines Projekts, in der Treue zu einzelnen Arbeitspartnerschaften liegen die einzigen Chancen für die Entwicklung meiner eigenen künstlerischen Position...
...Im Fall von Johann, Tamara (gemeint sind Johann Feindt und Tamara Trampe) und mir heißt unsere Ausgangsthese: Unsere Grundinteressen sind die Beobachtung und die Auseinan- dersetzung – Punkt. Film ist nicht Didaktik."
Stephan Krumbiegel
Stephan Krumbiegel studierte in Stuttgart Medientechnik. Seine erste Erfahrung mit der professionellen Filmwelt machte er als Co-Regisseur eines Dokumentarfilms. Anschliessend arbeitete er freiberuflich als Aufnahme-und Produktionsleiter. An der Filmakademie in Ludwigsburg arbeitete er als freiberuflicher Cutter der studentischen Spiel-, Doku-, Werbe- und Animationsfilme. Bald darauf kam er in Kontakt mit der Autorengemeinde umThomas Schadt, Johann Feindt, Tamara Trampeu.a. . Seit 2011 ist Stephan Krumbiegel Professor fuer Montage an der Hochschule fuer Film und Fernsehen in Babelsberg. Weiterhin wirkt er als freier Cutter bei Filmproduktionen mit.