In diesem Projekt nehmen wir uns Zeit.


Zeit für eine Auseinandersetzung mit unserer Profession, den Arbeitsprozessen und -Umständen. Zeit, Produktionsrhythmen und Arbeitszeiten jenseits von 24/7 festzulegen.
Und schließlich Zeit, einzelne Produkt-, Prozess- oder Materialgruppen kennenzulernen und zu durchdringen, und ihre Eigenschaften, Spezialitäten und Herausforderungen ernst zu nehmen.

“The relationship between fashion and time is at heart of the definition of fashion itself, highlighting both its material and immaterial aspects. The Italian philosopher Giogio Agamben has defined ‘the time of fashion’ as ‘an ungraspable threshold between “not yet” (non ancora) and a “no more” (non pui)’, which he identifies as a caesura between ‘being-in-fashion or no-longer-being-in-fashion’.” (S.3, Caroline Evans, Alessandra Vacceri, Time in Fashion, London 2020)
 

Als Modedesigner*innen befassen wir uns permanent mit den Zeichen von Zeit. Gleichzeitig scheinen wir regelmäßig einen Wettlauf gegen die Zeit zu laufen. Bereits im Modestudium erscheint die Zeit ein viel zu knappes Gut. Das Erarbeiten von ganzen Modekollektionen und die handwerkliche Fertigung von mehreren Looks stehen im absoluten Kontrast zu einer gründlichen Auseinandersetzung mit den einzelnen Komponenten dazu. Dabei ist es fraglich, wie zeitgemäß ist es noch, alle Studierende bereits früh im Studium  zu Kreativdirektor*innen auszubilden, die eine Masse an Kollektionen bewältigen und danach auch verwalten müssen.

Dieses Projekt soll Studierenden ermöglichen, spezialisiertes Wissen in einer Produktgruppe aufzubauen, welches sie wiederum in der Projektgruppe teilen können. Die Gruppe bestimmt die Regeln der kollektiven Identität und der kollektiven Akteure. Des weiteren werden die Bedingungen einer kreativen Leitung, des geistigen Eigentums und der Teilhabe diskutiert und festgelegt. 

Durch Gäste der internationalen Modeindustrie lernen wir einerseits die Realität einzelner Designer*innen kennen. In Interviews und Gruppengesprächen gibt es die Möglichkeit, Prozesse, Abläufe und Rhythmen des Mode-Machens und auch Mode-Studiums gemeinsam zu diskutieren und neu zu denken. Auf einer Zugreise nach Italien nehmen wir uns Zeit, Literatur zu lesen, auf Zwischenstopps Vintage-Läden zu entdecken, Designer*innen kennenzulernen und in Prato Stoffe, Garne und Zutaten einzukaufen. 

Für die Erarbeitung des Themas der Kollektion setzen wir uns mit dem Standort Halle sowie der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle auseinander. Geschichte und Erbe wird durch das Stadtmuseum und weitere Archive recherchiert, auf Flohmärkten und Second-Hand-Läden die Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner*innen erforscht.

Die einzelnen Spezialisierungen innerhalb der Projektgruppe können, müssen aber nicht in Gruppenarbeit geleitet werden. Ein Styling-Workshop am Ende wird zeigen, wie unterschiedlich die Departments auch zusammen als kollektive Kollektion funktionieren können, und ob diese auch repräsentativ als Burg-Kollektion gezeigt werden dürfen.

Beispiele für die Spezialisierungen:

Materialien: z.B. Knitwear, Jersey, Denim, Leather, 3D-Prints etc.

Flächenbearbeitungen: z.B. Embroidery, Silkscreen, Digital Prints etc.

Schnitterstellung: Tailoring, Flou, Couture etc.

Produktgruppen: Shirting, Outerwear, T-Shirts, Pants, Dresses, Skirts, Accessories etc.