Alltagssprachlich umfasst das semantische Feld der „Kritik“ Meinungsäußerungen, die Beurteilung einer Sache anhand objektiver Kriterien aber auch die Reflexion und Abwägung unterschiedlicher Perspektiven. Hier deutete sich schon die Varianz der epistemologischen und normativen Grundlagen von Kritik an. In seiner eurozentristischen Denktradition ist Kritik seit der Aufklärung mit dem Anspruch auf Objektivität und Rationalität verbunden. In ihr äußert sich, etwas verkürzt gesagt, eine universelle Vernunft, die als zentrales Motiv der Aufklärung so etwas wie den Motor des Fortschritts darstellt. 

Dieses Motiv gerät vor dem Hintergrund zivilisatorischer Katastrophen wie den Verbrechen des Nationalsozialismus und Stalinismus, des Kolonialismus und Imperialismus oder der folgenreichen Ausbeutung menschlicher und natürlicher Ressourcen jedoch immer wieder selbst in die Kritik. Sowohl der Fortschrittscharakter der Moderne als auch die Universalität humanistischer Werte und der Exzeptionalismus des Menschen werden zu verschiedenen Zeiten und aus verschiedenen Perspektiven angezweifelt. Kritik erfährt in diesen Momenten eine Neuausrichtung, der dieses Seminar in Teilen nachgehen möchte. Ziel der Veranstaltung ist es, sich von grundlegenden Positionen der Kritik aus dem Feld der Designkritik zuzuwenden. 

Die Veranstaltung gliedert sich in zwei Phasen. In einer ersten Phase steht die Auseinandersetzung mit den Bedingungen, Möglichkeiten und Zielen von Kritik im Vordergrund. Studierende haben die Wahl zwischen drei Lesegruppe, die sich mit jeweils einer theoretischen Strömung vertieft auseinandersetzen: Der Kritischen Theorie, dem Post-Strukturalismus und dem Posthumanismus. In der zweiten Phase werden grundlegende Texte und Positionen kritischer Designtheorie gemeinsam diskutiert.  Die Idee ist, sich kritischen Ansätzen der Designtheorie vorerst selbst aus einer – jeweils unterschiedlich fundierten – kritischen Position heraus zu nähern. 

Der Kompaktwoche geht eine einmalige Sitzung voraus, in der die Details zur Organisation und die Literatur bekanntgegeben wird. Drei Texte sind, zumindest oberflächlich, in Vorbereitung auf diese Sitzung zu lesen.

Foucault, Michel (1992): Was ist Kritik? Berlin: Merve.

Horkheimer, Max (2020 [1937): Traditionelle und kritische Theorie. Leipzig: Reclam. 

Latour, Bruno (2004): Why has Critique Run out of Steam? From Matters of Fact to Matters of Concern. in: Critical Inquiry, Vol.30, S.225–284.

 

Lern- und Qualifikationsziele BA und MA: Um die Lern- und Qualifikationsziele zu erreichen, werden in Gruppenarbeit zu erarbeitende Präsentationen der Seminarinhalte erwartet. Die Formate differieren und können von Plakatgestaltungen über Vitrinenausstellungen bis zu schriftlich fixierten Konzeptpapieren reichen.

Lern- und Qualifikationsziele MA Design Studies: Um die Lern- und Qualifikationsziele zu erreichen, werden zusätzlich zur Präsentation der Seminarinhalte in individuell wählbaren Formaten jeweils eine schriftliche Hausarbeit im Umfang von 20 Seiten oder eine vergleichbare vertiefende Leistung erwartet.