Kuratorisches Arbeiten in ländlichen Räumen. Eine kritische Reflexion von Strategien der künstlerischen Auseinandersetzung und Dynamiken von kultureller Arbeit zwischen Zentren und Peripherien.

In ihrem Buch „The Lure of the Local“ beschreibt Lucy Lippard ein Verständnis von place als ein komplexes, geschichtetes Gefüge von Beziehungsgeflechten. Sie schreibt „.. the historical narrative as is written in the landscape or place by the people who live or lived there. The intersection of nature, culture, history and ideology form the ground on which we stand – our land, our place, the local.“. Rurality (also in Ermangelung eines besseren deutschen Begriffes Ländlichkeit) ist ein multidimensionales Konzept, das Aspekte wie Identität, ortsspezifisches Wissen und Praktiken, individuelle und kollektive Geschichte(n) ebenso zusammenfaltet wie räumliche und materielle Aspekte, also Landschaft und Landwirtschaft oder spezifische ökonimische Bedingungen und Demographien, die alle relevant sein können für kuratorische Reflexionen und Praktiken.

Es scheint eine neue Dringlichkeit für Künstler:innen zu geben, ausserhalb der hermetischen Blase des Galerieraumes Themen zu bearbeiten und mit anderen Arten von Öffentlichkeit sowie mit Orten und Beziehungsgefügen in Kontakt zu kommen, die sich von städtischen Kontexten unterscheiden. Die Verschiebung künstlerischen Wirkens von den städtischen Zentren in die ländliche Peripherie wirft komplexe kuratorische und strategische Fragen auf. Wie können wir mit Orten und situierten Gemeinschaften interagieren, ohne Muster wie einseitige Kommunikation oder problematische Hierarchien zu reproduzieren? Was können Methoden der ortsspezifischen Forschung und Recherche sein, und wie können wir über Geschichte(n) sprechen, die vielleicht nicht unsere eigenen sind? Wie können wir Orte und Strukturen der Öffentlichkeit etablieren, ohne die kulturelle Arbeit und die Künste zu stark zu instrumentalisieren und dabei die Freiheit des künstlerischen Ausdrucks bewahren? Wie kommen wir zusammen an den ländlichen Peripherien?

In dem 4-tägigen Workshop werden wir verschiedene theoretische Konzepte betrachten, die Aspekte der ortsbasierten Forschung und prozessorientierten künstlerischen Arbeitens thematisieren, und relevante Fragen von place-making, instituting und governance im kritischen Diskurs lokalisieren. Die Diskussion einer Reihe von Projekten und kuratorischer Formate an den Peripherien führt uns weiter zu den praktischeren Aspekten der Konzeption und Strukturierung von Projekten ausserhalb der Zentren, auf der Suche nach neuen Strategien und transformativen Praktiken. Die Präsentation einiger Projekte von Offspace Kaisitz e.V. liefert den Ansatz, ein eigenes kuratorisches Kooperationsprojekt für 2023 an diesem Ort zu entwickeln.

 

Martin Buhlig, Kaisitz / Leipzig, freischaffender Kurator und Dozent. Studium der Bildenden Kunst Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle und Oregon College of Art and Craft, USA (Diplom 2015). Master of Art in Cultures of the Curatorial, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (2022).Künstlerische Leitung Offspace Kaisitz e.V., Ausstellungsprojekte und Kooperationen mit dem Bund Bildender Künstler Leipzig und den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden.

In seiner kuratorischen Arbeit beschäftigt Martin Buhlig sich mit Dynamiken zwischen ländlichen Räumen und urbanen Zentren und forscht zu Themen wie Dekolonisation, Transdisziplinarität und Divergent Knowledge im Kontext transformativer Praktiken.

 

Ludwig Haugk, Berlin/Hamburg, Teammitglied der Festivalleitung OSTEN, kulturpark e.V., Dramaturg am Deutschen Schauspielhaus Hamburg.

 

Lernziele, Qualifikationsziele / Objectives,  Learning Outcome

  • Kenntnisse im Bereich Projektentwicklung und Projektmanagement
  • Exemplarisches Lernen anhand von Beispielen des Kuratierens
  • Reflexion eines kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Diskursfeldes
  • Kennenlernen eines teamorientierten und projektbasierten Vorgehens