PARTEIISCHES DESIGN, SOMMERSEMESTER 2023
(please scroll down for english version)

THEMA:
Ausgehend von den unten genannten Forderungen arbeiten wir im Sommersemester 2023, wie auch schon im vorhergehenden Wintersemester, wieder mit externen Partner*innen, Initiativen und Netzwerken zusammen, um an konkreten Aufgabenstellungen zu arbeiten. Die Teilnahme am vorherigen Semester ist keine Voraussetzung für die Teilnahme an diesem Semester!

Das Themenfeld der Projekte wird sich fortführend an gesellschaftlich relevanten Fragestellungen orientieren. So werden sowohl bereits in den vergangenen Semestern begonnene, als auch neu hinzukommende Projekte Grundlage für unsere Auseinandersetzung bilden. Ein großer Schwerpunkt wird die weitere Auseinandersetzung zu Fragen um Migration, Menschenrechten, Erinnerungskultur und politischer, bzw. gesellschaftlicher Verantwortung sein. Hierbei interessiert uns insbesondere die Rolle der gestalterischen Disziplin in diesem Feld. Projekte werden in unterschiedlichen Umfängen zur Auswahl stehen, sowohl kurze “Sprints” und ad hoc Interventionen, als auch semesterübergreifend.

Zentral ist für uns, daß die Studierenden ihre eigene Perspektive auf die gegebene Thematik entwickeln, formulieren und in den Austausch mit unseren Partner*innen bringen. Wir sind dabei explizit medial nicht eingeschränkt, sondern agieren nach inhaltlichem Bedarf. Räumliche Interventionen und Ausstellungen sind ebenso möglich wie Grafik, Film und digitale Ansätze. In der Auftaktwoche, wie auch in regelmäßigen gemeinsamen Austausch- und Input-Formaten, diskutieren wir in großer Runde Projektstände, Beobachtungen, Rückfragen, Ideen, Missverständnisse und Ansätze. Wir arbeiten wieder in Gruppen, weil uns nicht nur der Austausch, sondern das produktive gemeinsame Entwickeln entlang der gemeinsamen Fragestellungen interessiert. Die Gruppenarbeit stellt auch sicher, dass Studierende mit unterschiedlichen Erfahrungen und Kenntnisständen ein Umfeld finden, das eine erkenntnisreiche Mitarbeit ermöglicht.

Drei der Projekte aus dem vorherigen Wintersemester 2022/23 werden weiterhin zur Bearbeitung angeboten:
● Sea-Watch
● Mahnmal Keupstraße
● Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt

Eine kurze Beschreibung des Projekts findet ihr unter dem jeweiligen Link. Weitere interne Informationen werden nach der Einschreibung interessierten Studierenden via Burg Box zur Verfügung gestellt.

Ein Pool an weiteren möglichen Kooperationsprojekten wird zu Beginn des Semesters vorgestellt, diskutiert und als Grundlage für die Bildung von Projektgruppen dienen. Wer sich mit den unten genannten Forderungen, der beschriebenen Arbeitsweise und den bisher behandelten Themenfeldern identifiziert, wird hier interessante Untersuchungsgegenstände und Kooperationspartner für Gestaltungsprojekte finden.

TERMINE (Auswahl):
● 23.3., 19:00: Der Halle-Prozess: Band 1 und 2 – Buchpräsentation im Rahmen der Bildungswochen gegen Rassismus Halle
● voraussichtlich Ende März/Anfang April Besuch auf der Sea-Watch 5 in Flensburg
● 27.-31.3. Einführungswoche mit externen Gästen
● 25.4. Zwischenpräsentation (Gast tbd)
● 15.5.+16.5. Berufungsvorträge KD Professur Intermediale Gestaltung
● 15.5.-26.5. Workshop Informationsdesign, 2tes Studienjahr (tbd)
● 22.-24.6. Workshop Kritisches Kartieren
● 15.6.+16.7. Jahresausstellung Burg Giebichenstein Halle

MATERIAL (Auswahl):
● Mara Recklies: Können DesignerInnen politisch handeln?
● Eyal Weizman: Open Verification
● Jesko Fezer: Parteiisches Design
● Matthias Görlich: 16 Preliminary Demands

PARTEIISCHES DESIGN. DAS ELEND DER PROFESSIONELLEN DISTANZIERUNG
1
Wir Designerinnen und Akademikerinnen nehmen gesellschaftliche Entwicklungen wahr, die uns Sorgen bereiten. Inakzeptable Zustände wie Armut, Rassismus, Klimakrise, soziale Segregation, Desinformation, Umweltzerstörung, Ökonomisierung, Prekarität, Ausgrenzung und Diskriminierung verschärfen sich.

2
Wir sehen disziplinäre Praktiken und ein Bildungssystem, das diese gesellschaftspolitischen Probleme nicht als seine Aufgaben anerkennt. Sie beharren auf Selbstreferenz und auf den engen disziplinären Grenzen ihrer Professionalität. Somit sind nicht nur wichtige Themen, sondern auch Personen, die eigentlich Adressaten sein sollten, sowie Auftraggeber unserer Arbeit ausgeschlossen.

3
Wir vertrauen auf das Potential des Designs, um unserer Kritik an der Disziplin entgegenzuwirken. Gerade in der Lehre können diese designrelevanten Fragestellungen in den Fokus unseres Engagements rücken, um die unangebrachte Ignoranz der Disziplin endlich zu überwinden und neue Formen der politischen Zusammenarbeit neu zu gestalten.

4
Wir wollen herausfinden, inwieweit unsere Designpraxis sich auf die Seite derer stellen kann, die direkt von sozialen und ökologischen Ungerechtigkeiten betroffen sind und begonnen haben, sich ihnen zu widersetzen. Es ist die Aufgabe der Designausbildung, neue Praktiken vorzuschlagen, die zum sozialen Wandel beitragen, indem sie eingreifen und sich positionieren. Design sollte parteiisch zugunsten realer Probleme und der Anliegen sozialer Akteure sein.

5
Dabei unterstützen wir uns gegenseitig über unsere einzelnen akademischen Einrichtungen hinaus. Eine Struktur des Austauschs, des Teilens und der Fürsorge soll es ermöglichen, Experimente in Parteilichkeit und sozialem sowie politischem Engagement zu vertiefen und kritisch zu reflektieren.

Parteiisches Design erforscht das Potenzial von Design, schädlichen gesellschaftspolitischen Entwicklungen durch die Unterstützung der Zivilgesellschaft entgegenzuwirken. Insbesondere in der Lehre sollte unserer Meinung nach diese designbezogene Frage zu einem neuen Schwerpunkt werden, um neue Routinen, Formate, Hierarchien und Kooperationen für Designpraktiken zu erforschen. Es geht um einen experimentellen Ansatz, der einen sozialen Beitrag leistet, indem er sich einmischt und sich zugunsten realer Probleme und der Anliegen von gesellschaftlicher Akteure positioniert.

Diese Forderungen sind Ausschnitt aus dem Gründungspapier des Netzwerk Parteiisches Design, Prof. Jesko Fezer/HfBK Hamburg, Prof. Maike Fraas/HBK Saar, Prof. Matthias Görlich/BURG. Weitere Mitglieder: Hyperwerk Basel, UdK Berlin, TU Braunschweig, TU Cottbus, Die Angewandte Wien, KH Kassel, Sandberg Institute Amsterdam


english version:

TOPIC:
Based on the demands mentioned below, in summer semester 2023, as in the previous winter semester, we will again cooperate with external partners*, initiatives and networks, designing for specific tasks. Participation in the previous semester is not a prerequisite for participation in this semester!

The topics of the projects will continue to be oriented towards socially relevant issues. Thus, projects already started in previous semesters as well as new projects will form the basis for our discussion. A continuous focus will be the further examination of questions concerning migration, human rights, memorial culture, and political and social responsibility. We are particularly interested in the role of the creative discipline in this field. Projects will be available in different scopes, both short "sprints" and ad hoc interventions, as well as across semesters.

It is central for us that the students develop and formulate their own perspective on the given topic and bring it into exchange with our partners. We are explicitly not limited in terms of media, but act according to content-related needs. Spatial interventions and exhibitions are just as possible as graphics, film and digital approaches. In the opening week, as well as in regular joint exchange and input formats, we will discuss project statuses, observations, questions, ideas, misunderstandings and approaches in the bigger group. We again work in groups because we are interested not only in the exchange, but also in the productive joint development along the common questions. Group work also ensures that students with different experiences and levels of expertise find an environment that allows for insightful cooperations.

Three of the projects from the previous winter semester of 2022/23 will continue to be offered for completion:
● Sea-Watch
● Keupstraße Memorial
● Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt

You can find a short description of the project under the respective link. Further internal information will be provided to interested students via Burg Box after enrollment.

A pool of other possible cooperation projects will be presented and discussed at the beginning of the semester and will serve as a basis for the formation of project groups. Those who identify with the demands mentioned below, the working methods described, and the topics covered so far will find interesting objects of investigation and cooperation partners for design projects.

DATES (selection):
● 23.3., 19:00: Der Halle-Prozess: Volumes 1 and 2 - book presentation in the context of the Education Weeks against Racism Halle
● probably end of March/beginning of April visit to the Sea-Watch 5 in Flensburg.
● 27.-31.3. introductory week with external guests
● 25.4. interim presentation (guest tbd)
● 15.5.+16.5. appointment presentations KD Professorship Intermedial Design
● 5/15-26/5 Workshop Information Design, 2nd year of study (tbd).
● 6/22-24 Critical Mapping Workshop.
● 15.6.+16.7. annual exhibition Burg Giebichenstein Halle

MATERIAL (selection):
● Mara Recklies: Können DesignerInnen politisch handeln?
● Eyal Weizman: Open Verification
● Jesko Fezer: Parteiisches Design
● Matthias Görlich: 16 Preliminary Demands

PARTISAN DESIGN. THE MISERY OF PROFESSIONAL DISTANCING
1
We designers and academics perceive social developments that worry us. Unacceptable conditions such as poverty, racism, climate crisis, social segregation, disinformation, environmental degradation, economization, precarity, exclusion and discrimination are intensifying.

2
We see disciplinary practices and an educational system that do not recognize these socio-political problems as their tasks. They insist on self-reference and on the narrow disciplinary boundaries of their professionalism. Thus, not only are important issues excluded, but also people who should be addressees, as well as clients of our work.

3
We rely on the potential of design to counter our critique of the discipline. Especially in teaching, these design-relevant issues can become the focus of our engagement to finally overcome the discipline's misplaced ignorance and redesign new forms of policy collaboration.

4
We want to explore the extent to which our design practice can side with those who are directly affected by social and environmental injustices and have begun to resist them. It is the role of design education to propose new practices that contribute to social change by intervening and taking a stand. Design should be biased in favor of real problems and the concerns of social actors.

5
In doing so, we support each other beyond our individual academic institutions. A structure of exchange, sharing, and caring should enable experiments in partisanship and social and political engagement to deepen and reflect critically.

Partisan design explores the potential of design to counteract harmful socio-political developments by supporting civil society. In teaching in particular, we believe this design-related question should become a new focus for exploring new routines, formats, hierarchies, and collaborations for design practices. It is about an experimental approach that makes a social contribution by intervening and positioning itself in favor of real problems and the concerns of social actors.