Die Vorlesung zielt auf die Vorgeschichte der heutigen »Digitalisierung«. Dabei geht es nicht um die Erfindung des Binärcodes, und auch nicht um die des Computers, sondern um die allmähliche, flächendeckende Durchsetzung einer digitalen, informatischen Denkweise in den westlichen Gesellschaften der Nachkriegszeit. Die Vorlesung interessiert sich besonders dafür, inwiefern bestimmte kulturelle Strömungen der 1960er Jahre – vom Strukturalismus über den Nouveau Roman, die Informationsästhetik, die kombinatorische Literatur, Minimal Art, Conceptual Art, Serial Art bis zur Institutionellen Kritik – im Sinn einer digitalen Neuformatierung des Sinnlichen und damit als eine Art ästhetischer Vorschule der heutigen Informationsökonomie funktioniert haben. Zugleich soll gezeigt werden, dass diese Entwicklung von Anfang an widersprüchlich und heftig umkämpft war: Zahlreiche philosophische und künstlerische Einsätze dieser Zeit lassen sich Momente des Widerstands gegen die Ästhetik des Digitalen verstehen, sei es durch die Verteidigung des »Analogen«, des »Seins«, des »Realen«, sei es durch die Erfindung von Momenten der Störung, von Ereignissen des Aussetzens, die das Projekt der datenförmigen Welterfassung subvertieren sollten.