1936 stellte der Fotograf und Pflanzenzüchter Edward Steichen seine eigenen Rittersporn-Züchtungen im New Yorker MoMA aus. Die gerade einmal einwöchige Ausstellung „Steichen‘s Delphiniums” präsentierte lebende Pflanzen im Kunstmuseum und kann daher heute als wegbereitend für Kunstströmungen wie Bio Art, Biotech Art oder Eco Art gelten.

2025 plant die Kuratorische Werkstatt der Stiftung Bauhaus Dessau eine zeitgenössische Neuinterpretation der Ausstellung „Steichen‘s Delphiniums”. Um die historische Ausstellung in einen gänzlich anderen geografischen und diskursiven Kontext zu überführen, kaufte die Stiftung Anfang des Jahres zweihundertzwei Ritterspornpflanzen aus der Traditionslinie des einflussreichen deutschen Ritterspornzüchters und Landschaftsgärtners Karl Foerster. Gärtnereien, Pflanzenzüchter*innen und Botaniker*innen, sowie die Pflanzen selbst, werden so zu zentralen Kooperationspartner*innen des Projekts.

Indem es Naturmaterialien durch technische Prozesse in Form bringt, unterhält das Design seit jeher eine besondere Beziehung zur Natur. Der Natur- und Kulturbegriff, der diesem Entwurfshandeln zugrunde gelegt wird, hat sich jedoch historisch stark gewandelt. Während die Moderne merklich durch die Wahrnehmung einer Trennung von Menschlichem und Nicht- Menschlichem geprägt war, ist dieses dichotome Verhältnis in den letzten Jahren immer weiter einem Verständnis gewichen, das den Mensch im Sinne von Donna Haraways Begriff der Natur-Kulturen als Teil eines komplexen Gefüges begreift.

Im Design ist Natur immer wieder Gegenstand von Ausstellungen. Seit einigen Jahren stehen dabei vor allem Diskurse der Nachhaltigkeit und die Visualisierung der gegenwärtigen ökologischen Krisen im Mittelpunkt. Etwa seit Beginn der 2010er Jahre lässt sich beobachten, wie sich Konventionen im designerischen Darstellen und Ausstellen von Natur herausgebildet und verfestigt haben. Die Praxis der Designstudios Formafantasma, Atelier NL oder mischer‘traxler stehen beispielhaft für diese Entwicklung.

Ausgehend von der Analyse verschiedener Ausstellungen von Designschaffenden wollen wir im Seminar erarbeiten, welches Mensch-Natur Verständnis, aber auch, welches Designverständnis an deren ästhetischem Erscheinungsbild, ihrer Konzeption und Vermittlung zu Tage treten. Dabei ziehen wir Referenzen aus der Kunst, der Kunstgeschichte, der Naturwissenschaften sowie historische Positionen des Designs heran. Durch diese Analyse von Praxisbeispielen werden wir im Seminar gemeinsam bestehende Darstellungskonventionen diskutieren und so eine eigene kritische Position dazu entwickeln.

Das Seminar beginnt mit einer eintägigen Exkursion ans Bauhaus Dessau. Dort bekommen wir eine Einführung in die Arbeit der Kuratorischen Werkstatt und das geplante Delphinium-Projekt. Außerdem werden wir das Bauhausgebäude und die Ausstellung „Not a Piguin Pool“ der Bauhaus Labs besichtigen. Die weitere inhaltliche Arbeit des Seminars wird an den folgenden Tagen in der Materialsammlung der Burg stattfinden. Unsere Ergebnisse präsentieren wir abschließend freitags in einer Sitzung mit Oliver Klimpel, dem Leiter der kuratorischen Werkstatt.

Leoni Fischer ist als Volontärin der Kuratorischen Werkstatt an der Stiftung Bauhaus Dessau tätig. Sie studierte Produktdesign an der Bauhaus-Universität Weimar und schloss 2020 mit ihrer Arbeit „Peatland Forensics“ zu Umwelttrauer und ortsspezifischen Designprozessen ab. Nach Stationen bei Studio Dotdotdot, Mailand, und Studio Olafur Eliasson, Berlin, absolvierte sie einen Master in Kunstwissenschaften an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle. Ihr Interesse gilt insbesondere den Verflechtungen von Ökologie und Objektkultur sowie Praktiken des Ausstellens.

Katharina Mludek ist seit April 2023 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich nachhaltige Produktgestaltung und -entwicklung an der Kunsthochschule Kassel. Sie studierte Kulturwissenschaften an der Leuphana Universität Lüneburg. 2022 schloss sie ihren Master in Design Studies an der Kunsthochschule Burg Giebichenstein Halle und war als wissenschaftliche Hilfskraft im SustainLab der BURG tätig. Ihre thematischen Schwerpunkte liegen auf der Erforschung der Schnittstelle von Food und Design, sowie der Designgeschichte von anonymen Design beziehungsweise Alltagsobjekten.