„I would rather be a cyborg than a goddess.” Mit diesen Worten beschließt Donna Haraway 1985 ihr „A Cyborg Manifesto“ und setzt sich damit gegen zeittypische Geschlechter- und Körpervorstellungen zur Wehr. So galt der Cyborg, seitdem der Begriff 1960 geprägt wurde, als Inbegriff für einen maskulinen und militaristischen Wunschkörper. Im Gegensatz dazu wird die weibliche Androide oder Roboterfrau im Laufe der Kunst- und Kulturgeschichte immer wieder ihrem Schöpfer untergeordnet: Meist dienstbare Geliebte, manchmal unheilvolle Zerstörerin, aber selten mit emanzipatorischem Potential. Erst in der Nachfolge von Haraways Essay entwickelte sich im cyberfeministischen und posthumanistischen Diskurs die weibliche Cyborg als Figur der geschlechtlichen Überschreitung, die binäre Grenzen überwindet. 

Doch wie sehen technologische Körper aus, die insbesondere seit den 1990er Jahren im Zuge neuer Technologien wie Internet, digitaler Bildbearbeitung und der aufkommenden Gentechnik immer mehr die bildende Kunst bevölkern und aktuell durch den Hype um posthumane Theorien erneut an Präsenz gewinnen? Brechen sie das immer noch oft behauptete binäre Verhältnis zwischen männlichem Muskelkörper und passiver Weiblichkeit auf? Welches Geschlecht haben sie? Haben sie überhaupt eines oder vielleicht ein ganz neues? Und stehen diese geschlechtlichen Möglichkeiten im Sinne einer queeren Selbstermächtigung endlich allen Gendern offen?

Im Rahmen dieses Workshops soll den genannten Fragen nachgegangen werden, indem die Studierenden eigene künstlerische Konzeptionen posthumaner Körper entwickeln. Diese werden als Ausgangspunkt genommen, um anhand ausgewählter Publikationen und Positionen der zeitgenössischen Kunst zu hinterfragen, welche neuen geschlechtlichen Möglichkeiten im Cyborgdiskurs entstehen können und ob diese tatsächlich so neu sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. 

Vorschlag zur Lektüre: 

http://medienkunstnetz.de/themen/cyborg_bodies/

Die Studierenden sollten sich einen Überblick über die Artikel verschaffen. 

Detailliert zu lesen sind:

Kuni, Verena: Mythische Körper. Cyborg-Configurationen als Formationen der (Selbst-)Schöpfung im Imaginationsraum technologischer Kreation: Alte und neue Mythologien von ›künstlichen Menschen‹, abrufbar unter: http://medienkunstnetz.de/themen/cyborg_bodies/mythische-koerper_I/1/ und http://medienkunstnetz.de/themen/cyborg_bodies/mythische-koerper_II/1/.

Volkart, Yvonne: Widerspenstige Körper. Der Effektkörper als Ort des Widerstands, abrufbar unter: http://medienkunstnetz.de/themen/cyborg_bodies/widerspenstige_koerper/1/.

Weiterführende Literatur:

  • Åsberg, Cecilia; Braidotti, Rosi (Hgg.): A Feminist Companion to the Posthumanities, Cham 2018.
  • Dimitriou, Minas; Ring-Dimitriou, Susanne (Hgg.): Der Körper in der Postmoderne. Zwischen Entkörperlichung und Körperwahn, Wiesbaden 2019.
  • Haraway, Donna: A Manifesto for Cyborgs. Science, Technology, and Socialist Feminism in the 1980s, in: Haraway, Donna: The Haraway Reader, New York / London 2004, pp. 7–45.
  • Museum Folkwang (Hg.): Der montierte Mensch. The Assembled Human, Ausst.-Kat. Museum Folkwang, Bielefeld/Berlin 2019.
  • O’Reilly, Sally: Body Art. Der Körper in der zeitgenössischen Kunst, London 2011.
  • Preciado, Beatriz: Testo Junkie. Sex, Drugs, and Biopolitics in the Pharmacopornographic Era, New York 2013.
  • Spreen, Dirk: Upgradekultur. Der Körper in der Enhancement-Gesellschaft, Bielefeld 2015.
  • Volkart, Yvonne: Fluide Subjekte. Anpassung und Widerspenstigkeit in der Medienkunst, Diss. Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Bielefeld 2006.
  • Volkart, Yvonne (Hg.): Cyborg Bodies, abrufbar unter: http://www.medienkunstnetz.de/themen/cyborg_bodies/.

Lernziele: 

  • Einblick in künstlerische und theoretische Positionen des Themenfelds
  • Eigenständige Reflexion und Hinterfragung diskursiver Thesen
  • Gendertheorie
  • Verständnis des interdisziplinären Forschungsfelds und des Zusammenhangs von Kunstgeschichte und Gender Studies
  • Praktische Reflexion theoretischer Inhalte